Hawala-Banking

und unerlaubte Zahlungsdienstleister – Kein Auslaufmodell für Geldwäsche.

mafianeindanke.de berichtet:
Typologien und Methoden der Geldwäsche sind einem ständigen Wandel unterworfen. Neue Techniken in und auch außerhalb des Finanzsektors wie die Nutzung von privaten Kryptowerten (etwa Bitcoin, Etherum oder Ripple) kommen zumindest bei professionellen Geldwäschern zum Einsatz, um die Spur des Geldes noch effizienter zu verwischen, dadurch Ermittlungen zu erschweren und sich die illegal generierten Vermögensgegenstände dauerhaft anzueignen.

Das Massengeschäft im Zahlungsverkehr ist für Geldwäsche vulnerabel – auch der legale ZahlungsverkehrDies bedeutet nicht, dass sich Geldwäscher traditioneller Typologien nicht mehr bedienen. Es ist auch ein ständig gepflegter Mythos, dass der Finanzsektor heute aufgrund konsequenterer Regulierung geringeren Geldwäscherisiken als der Nicht-Finanzsektor unterworfen ist. Unter den Bankgeschäften ist gerade der Zahlungsverkehr, den von der BaFin lizensierte Zahlungsdienstleister einschließlich der Banken im Massengeschäft anbieten, vulnerabel. Dies ist Resultat seiner Effizienz, Gelder von A nach B in Sekundenschnelle vom Auftraggeberkonto über den ganzen Globus zum Empfängerkonto zu bewegen. Im Zeitalter der Globalisierung und der weitgehenden Beseitigung von Kapitalverkehrskontrollen gibt es keine staatlichen Schranken mehr. Davon profitiert das legale wie das illegale Kapital. Sogenannte Instant Payments müssen im Europäischen Zahlungsraum zukünftig aufgrund der EU-Vorgaben innerhalb von 10 Sekunden durchgeleitet werden können.

Eine entsprechende EU-Verordnung steht kurz vor der Finalisierung. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr wird Giralgeld mittels unbarer Zahlungsinstrumente wie z. B. Überweisung, Lastschrift, Scheck mit E-Geld oder Kartenzahlung von einem Konto zu einem anderen übertragen. Im Jahr 2021 wurden im Bereich der Europäischen Zentralbank 114 Milliarden Transaktionen im bargeldlosen Zahlungsverkehr getätigt.Geldwäscherisiken bestehen im Massengeschäft selbst für diejenigen Institute, die im internen Risikomanagement ihre geldwäscherechtlichen Organisationspflichten ordnungsgemäß erfüllen und im Rahmen ihrer Customer Due Diligence-Pflichten EDV-gestützte Monitoringsysteme in den Instituten zur parametrisierten Herausfilterung von Transaktionen einsetzen, die unter Geldwäscheaspekten auffällig sind.

Diese im Massengeschäft des Zahlungsverkehrs aufgrund bestimmter Parameter herausgefilterten Transaktionen sind dann in einer zweiten Phase einer händischen Detailprüfung im Verbund mit den über den Kunden vorhandenen, sonstigen Kundendaten zu unterziehen. Zweck dieser Monitoringsysteme ist es, auf der Grundlage von Parametern, die auf dem Erfahrungswissen über Geldwäschetypologien beruhen, typischerweise geldwäscherelevante Transaktionen und Fallkonstellationen aus den banktäglich in Millionenhöhe von Banken durchgeleiteten Transaktionen herauszufiltern, diese auf Geldwäscherelevanz zu überprüfen und die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen einschließlich der Erstattung einer Meldung nach § 43 GwG an die FIU zu treffen.

Verbotene Transfersysteme im Zahlungsverkehr – Das Beispiel Hawala Banking. Neben den lizenzierten und von der Finanzmarktaufsicht BaFin beaufsichtigten Zahlungsdienstleistern und der von der Europäischen Zentralbank überwachten Zahlungssysteme existieren auch etablierte, verbotene (informelle) Zahlungssysteme. Diese betreiben das Finanztransfergeschäft, insbesondere für Zahlungen in Echtzeit etwa in den Vorderen Orient, nach Westafrika oder nach Indien und in die Volksrepublik China. Sie werden erfolgreich zur Geldwäsche genutzt. Das sogenannte Hawala-Banking oder Underground Banking eignet sich auch für die Finanzierung des Terrorismus.Offen geworben wird für diese Dienstleistung nicht; es wird einer ausgewählten Klientel in ethnischen Communities oder gegenüber Organisierten Kriminellen angeboten.

Die Kategorie der ethnischen Abgeschlossenheit solcher Systeme verliert interessanterweise im Zeitalter der Globalisierung immer mehr an Bedeutung – wie bei einzelnen regionalen Mafiastrukturen in Italien. Dies belegen die von den Ermittlungsbehörden aufgedeckten und erfolgreich abgehörten Chatgruppen in den Hawala-Netzwerken, die nichts mehr von ethnischer Abgeschlossenheit erkennen lassen.

Wurde das Hawala Banking ursprünglich als Medium zur Überweisung von Beträgen in Regionen genutzt, in denen kein dichtes Netz formeller lizenzierte Banken auf der Empfängerseite vorhanden ist oder wie im Irak legale Netzwerke durch Kriegshandlungen und Finanzsanktionen im Kapital- und Zahlungsverkehr zerstört wurden, wird es heutzutage verstärkt zur Geldwäsche, zur Steuerhinterziehung, zur Umgehung von Kapitalverkehrskontrollen einzelner Länder und der Terrorismusfinanzierung genutzt.

Der Anteil an Transaktionen, die in und von der Türkei über solche Systeme durchgeleitet werden, ist überdurchschnittlich hoch, obwohl die Türkei auch außerhalb der großen Städte ein modernes formelles Bankensystem besitzt.Lizenzierte und beaufsichtigte Zahlungsdienstleister sind u. a. der Dokumentationspflicht nach § 8 GWG unterworfen. Abgesehen vom Vorhalten handelsrechtlicher Geschäftsunterlagen müssen sie sich die Identitäten der Zahler und Empfänger offenlegen lassen, diese dokumentieren und nachhalten. Anders als lizenzierte Zahlungsdienstleister werden bei den sogenannten Hawaldaren zur Abwicklung der Zahlungen in der Regel keine komplexen EDV-Systeme festgestellt, sondern oft simple Dokumentationsinstrumente wie Kladden oder Informationen, die auf dem Handy gespeichert sind.

Die Netzwerke basieren auf Vertrauen. Es gibt eine Nachricht, einen Code, die dem Auszahlenden sagen, wieviel der Hawaldar an den Empfänger auszahlen soll.Es wird die Position – auch von der Weltbank oder in der Entwicklungspolitik insgesamt – vertreten, dass die Hawala-Systeme in erster Linie von Migranten für die Durchleitung von Kleinbeträgen (sog. Remittance Zahlungen) an Verwandte im Heimatland genutzt werden, weil die Gebühren bei Hawala-Zahlungen niedriger als im beaufsichtigen Finanzsektor und die Durchleitungen schneller als bei legalen Dienstleistern wie Western Union oder Money Gram sind.

Dies wird implizit mit der Forderung verbunden, Hawala-Systeme lax oder gar nicht zu regulieren.Bei dem Internationalen Standardsetzer gegen Geldwäsche, der FATF, sind sie damit zum Glück mit diesem Petitum nicht erfolgreich gewesen Die Realität ist nämlich eine andere. Solche Systeme sind auch für Unternehmen attraktiv, sofern damit das Interesse an intransparenten Zahlungsströmen, Anonymität und der Verhinderung der Papierspur sichergestellt werden kann. Das klandestine Wesen des Hawala-Systems, die Anonymität und Diskretion, zieht alle möglichen Interessenten an – nicht nur Teppichhändler und Menschen, die ihre Verwandten unterstützen wollen.

Der mutmaßlich größte Hawala-Banker der Welt, ein indischer Geschäftsmann, soll zwei Milliarden Dollar am Tag bewegt haben. Zu seinen Kunden gehörten auch lateinamerikanische Drogenkartelle – und Terrororganisationen. 2022 wurde ein spanisch-britisches Hawala-System aufgedeckt, über das über 200 Mio. Euro für verschiedene Strukturen der Organisierten Kriminalität gewaschen worden sind. 2019 wurde in mehreren deutschen Bundesländern und den Niederlanden ein solches Netzwerk aufgedeckt, welches über 200 Millionen Euro in die Türkei geschleust haben soll. Im Oktober 2021 ergaben Ermittlungen, dass über ein System in NRW über 140 Millionen Euro durchgeleitet worden sind.

Bei der Regulierung und der Aufsicht über den unerlaubten Bereich des Finanztransfergeschäfts wird dem Hawala Banking von der Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) derzeit zu wenig Beachtung auf Leitungsebene und dem BMF, das die Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin innehat, geschenkt. Die vorgeschobene Begründung: Hier seien Strafverfolgungsbehörden gefordert und im Übrigen handele es sich um „Kleine Fische“. Die Deutschland-Prüfung 2022 der FATF hat in ihrem Prüfungsbericht diese Lücke bei der Implementierung der FATF-Standards durch die BaFin kritisiert. Geschehen ist seither nichts.Stellen für die spezifische Verfolgung unerlaubter Finanztransfergeschäfte sind bei der BaFin nicht ausgewiesen. Ebenso wenig beim BKA. Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass BaFin und Ermittlungsbehörden keinerlei Erkenntnisse über den Verbreitungsgrad und den Geschäftsumfang sowie die Methoden der Hawala-Anbieter haben (BT-Drs. 19/16621).

Soweit Erkenntnisse aus einzelnen Strafverfahren in den Ländern vorhanden sind, werden diese auf Bundesebene nicht zusammengetragen. Diese Erkenntnisse könnten hilfreich sein, die Wirtschaft und den Finanzsektor zu sensibilisieren. In den Nullerjahren hatte dies die BaFin bzw. der Vorläufer BAKred mit Erfolg gemacht. Damals waren die Verdachtsmeldungen an die FIU zum Hawala Banking erheblich höher als heute und Dutzende unerlaubte Betreiber des Finanztransfergeschäfts, insbesondere nach dem Iran und den Kosovo, wurden von der Aufsicht vom Markt genommen. Auch bei Polizei und Justiz hat, wie Huth zutreffend festgestellt hat (Geldwäsche & Recht 03/2021, 90ff.) die Verfolgung des Hawala Banking trotz seiner kriminalpolitischen Bedeutung derzeit nicht die personelle und sächliche Unterstützung, die sie benötigen würde.

Aufsichtsrechtliche und strafrechtliche Bewertung des Hawala Banking.

Wer ohne Erlaubnis oder Registrierung Zahlungsdienste, darunter auch das Finanztransfergeschäft erbringt, kann gem. § 63 Nr. 4, 10 Abs. 1 Satz 1 ZAG mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden.

Geschäfte können darüber hinaus von der BaFin untersagt und die Geschäfte abgewickelt werden. Voraussetzung bei der Erfüllung des Tatbestands des Finanztransfergeschäfts und der Strafnorm ist nicht, dass mit diesen durchgeleiteten Zahlungen Gelder illegalen Ursprungs bewegt werden. Die Sicherheit und Leichtigkeit des volkswirtschaftlich bedeutsamen bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist Hintergrund der spezifischen Marktzugangsanforderungen des ZAG (Findeisen, in Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Zahlungsverkehrsrecht 3. Auflage ZAG § 1 RN 101ff). Der Nachweis etwa des Vorliegens der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung als Zahlungsweck muss also für eine Untersagung bzw. ein Strafverfahren gem. § 63 Nr. 4 ZAG nicht geführt werden.

Dieser Aufsichtsmechanismus entspricht der EU-Zahlungsdiensterichtlinie. In Deutschland war man schneller als in der EU und hatte vergleichbare Normen bereits 7 Jahre vorher geschaffen (Findeisen, WM 2000, 2125ff.)

Der Bundesgerichtshof in Strafsachen stuft neuerdings solche unerlaubten Netzwerke nach Art des Hawala-Banking unter bestimmten Umständen als gemeinschaftlich betriebene inländische kriminelle Vereinigung gem. § 129 Abs. 2 StGB ein, was Ermittlungen und die Sanktionierung nicht nur des unmittelbaren Betreibers solcher Geschäfte, sondern auch sonstiger Beteiligter wie für den Betreiber tätige Kuriere oder Agenten ermöglicht. Insoweit kommt es auf die Festlegung von Rollen der Mitglieder und der Kontinuität der Mitgliedschaft in der Vereinigung nicht an (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 2022 – 3 StR 403/20, juris Rn. 8 ff.; vom 2. Juni 2021 – 3 StR 61/21, GHR StGB § 129 Abs. 2 Vereinigung 2 Rn. 7 ff.). Bei der kriminellen Vereinigung muss es sich allerdings um eine inländische, nicht um eine ausländische Vereinigung handeln (s. zur Abgrenzung BGH, Beschluss vom 28. Juni 2022 – 3 StR 403/20, juris Rn. 19), sodass es einer Verfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz gemäß § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB (s. hierzu BGH, Beschluss vom 28. Juni 2022 – 3 StR 403/20, juris Rn. 21) nicht bedarf. Dies ist dann der Fall, wenn sich die wesentlichen Strukturen der Vereinigung in Deutschland befinden und dort schwerpunktmäßig agiert wird (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2021 – 3 StR 61/21, NJW 2021, 2979 Rn. 14; s. auch BGH, Beschluss vom 28. Juni 2022 – 3 StR 403/20, juris Rn. 20).

Wie funktioniert ein solches Zahlungssystem?

Simple Formen des Hawala Banking zwischen zwei Ländern funktionieren technisch nach dem System der zwei Töpfe. Der Zahler, der etwa von Deutschland in einen bestimmten Drittstaat überweisen will, wendet sich an einen Händler, der Teil eines grenzüberschreitenden Netzwerks ist. Meist handelt es sich um Juweliere, Import-Export-Unternehmen, Reisebüros, Telefon-Shops, Logistikunternehmer. Diese wenden sich an einen Händler, der Teil des Netzwerks am Ort des Empfängers ist und den Betrag ohne zwingende Zwischenschaltung von Banken an den Empfänger auszahlt. Meistens in bar. Der Zahler hat kein Konto bei dem Händler, der Empfänger in der Regel bei seinem Händler auch nicht.

Beim System der zwei Töpfe müssen beide Töpfe gleich voll sein, damit das System für das Clearing einfach funktioniert. Dies kann bei bestimmten Ländern wie Somalia oder Afghanistan Schwierigkeiten bereiten, da Zahlungen von Deutschland in diese Länder Zahlungen nach Deutschland weit übersteigen, Deshalb wurden die Systeme auf mehrere Empfängerländer ausgedehnt, was eine Echtzeit-Abwicklung erheblich erschwert.

Eine festumrissene Methode der Geldtransfers gibt es bei den Hawala-Systemen nicht (mehr). Zahlungen im Barmodus von Beginn bis zum Ende der Zahlungskette beim Empfänger verlieren an Bedeutung. Die Zwischenschaltung von bei lizenzierten Instituten geführten Konten, die zum Teil als Poolkonten geführt werden, gewinnt an Bedeutung. Aus diesem Grunde wurde der Tatbestand des Finanztransfergeschäfts von Anfang an als Auffangtatbestand konzipiert, um alle Varianten zu erfassen. Benötigt werden jedoch in jedem Fall interne Verrechnungssysteme. Wenn 10.000 Euro nach Mogadischu geflossen sind, aber nur 5000 nach Frankfurt, muss die fehlende Summe ausgeglichen werden. Entweder durch eine traditionelle Überweisung, per Kreditkarte oder per Lastschrift.

Oft sind aber komplexere Strukturen im Einsatz, bei denen viele Händler untereinander die Salden verrechnen. Der Fantasie sind da kaum Grenzen gesetzt.

Hawala-Banking Razzien wegen Millionen-Überweisungen in die Türkei

Gekaufte Politik? Europa in der Korruptionskrise

2022 erschüttert ein Korruptionsskandal Brüssel und das Europäische Parlament. Im Zentrum: Eva Kaili, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Es geht um Korruption, um mutmaßlich erkaufte politische Einflussnahme von Drittstaaten und Koffer voller Bargeld.

Es ist ein politisches Beben: Im Dezember 2022 erschüttert ein Korruptionsskandal rund um die ehemalige Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili – auch „Katargate“ genannt – Brüssel und die EU. Es geht um mutmaßlich erkaufte Einflussnahme von Drittstaaten. Aktive und ehemalige EU-Abgeordnete wurden verhaftet, Ermittler beschlagnahmten Koffer voller Bargeld in den Wohnungen der Politiker, mutmaßlich bezahlt von Marokko und Katar, die sich so Einfluss auf die Gesetzgebung in der EU erkaufen wollten.
„Katargate bedroht die ganze Institution“, sagt Nick Aiossa von „Transparency International“. Die ohnehin schwachen Ethikregeln des Parlaments würden kaum befolgt, Verstöße seit Jahrzehnten so gut wie nie geahndet. Aiossa: „Eine fatale Kultur der Straflosigkeit!“. Steckt der Fehler im System?

Der Dokumentarfilm rekonstruiert „Katargate“, den bislang größten Korruptionsskandal in der EU. Im Interview bezieht Eva Kaili als eine der Hauptbeschuldigten Stellung. Sie sieht sich als Opfer eines Justizskandals. Auch andere Beschuldigte, wie Niccolò Figà-Talamanca und die unter Verdacht geratene EU-Abgeordnete Marie Arena geben Auskunft.
Der Dokumentarfilm nutzt Unterlagen und Protokolle der Ermittlungsbehörden und der Bundesanwaltschaft in Brüssel und verfolgt die Frage, was die EU-Institutionen der Einflussnahme entgegensetzen können und vor allem wollen. Ein System von mangelnder Transparenz und zu laschen Regeln wird erkennbar – der Wille nach Aufklärung und stärkeren Anti-Korruptions-Gesetzen scheint kraftlos. Dabei steht angesichts von wachsendem Euroskeptizismus und den kommenden EU-Wahlen viel auf dem Spiel.

Harm Bengen
www.w-t-w.org/en/harm-bengen/

Europas Machtspielchen auf der Spur / Follow the Money

Money trails don’t lie; that’s why we follow them
Follow the Money is a platform for radically independent investigative journalism.

 

 

Die EU: Ein Paradies für Geldwäscher?

Der Rat der Europäischen Union und das EU-Parlament haben eine vorläufige Einigung über Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche erzielt. Experten auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung begrüßen die Einigung als „einen wirklich guten Schritt nach vorne.“

Ziel der Vereinbarung, die am frühen Donnerstagmorgen (18. Januar) bekannt gegeben wurde, ist die Bekämpfung von Betrug und der „Schutz der EU-Bürger und des EU-Finanzsystems“ vor der Finanzierung von terroristischen Gruppen und organisierten Verbrechersyndikaten.

„Dies wird sicherstellen, dass Betrüger, das organisierte Verbrechen und Terroristen keinen Raum mehr für die Legitimierung ihrer Erlöse durch das Finanzsystem haben werden“, sagte der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem, dessen Land die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, in einer Erklärung.

Neben weiteren Maßnahmen würde eine Höchstgrenze von 10.000 Euro für Bargeldtransaktionen in der gesamten EU festgelegt…. euractiv

Terror Finance

Die blutigen Konflikte in der Ukraine und Gaza, die Unterwanderung Deutschlands durch die Organisierte Kriminalität, Terrorgruppen, gewalttätige links- und rechtsextremistische Grup- pen mit Verbindung zur OK, die Unfähigkeit Sanktionen durchzusetzen und die ungezügelte Korruption haben sich zu einer unkalkulierbaren Bedrohung für die nationale Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union entwickelt.

Am 15.01.2024 ist ein Interview mit Dr. Udi Levi – ehemals Mitarbeiter des israelischen Geheimdienstes Mossad – in der Süddeutschen Zeitung erschienen, in welchem zum Ausdruck gebracht wird, dass das Morden in Israel und Gaza durch eine konsequente Bekämpfung der Terrorfinanzierung hätte verhindert werden können.

Terror und seine Finanzierung
Hamas
Jagt endlich das Geld der Hamas

Wie Europa mit Koks überschwemmt wird

Ein massives Datenleck liefert einen bislang nie dagewesenen Blick in das Kokaingeschäft.

Eine Explosion lüftete ein Geheimnis in der ländlichen Idylle von Poortvliet. Das kleine Dorf in den südwestlichen Niederlanden zählt gerade einmal 2.000 Einwohner. Irgendwo zwischen einer Windmühle, breiten Radwegen und einer Kirche ging plötzlich eine Scheune in Flammen auf. Dutzende Schafe und Lämmer starben.

Der toxische Gestank, das Ausmaß des Brandes, die chemischen Überreste – für die Ermittlerinnen und Ermittler war rasch klar: „Hey, das ist kein normaler Scheunenbrand.“ So erzählt es der Polizist Freek Pecht. Spätestens als ein Kran einen großen Speicher in den verkohlten Überresten barg, wurde dem Ermittler bewusst: Das hier war ein Labor, in dem Kokain produziert wurde.

Eine Explosion lüftete ein Geheimnis in der ländlichen Idylle von Poortvliet. Das kleine Dorf in den südwestlichen Niederlanden zählt gerade einmal 2.000 Einwohner. Irgendwo zwischen einer Windmühle, breiten Radwegen und einer Kirche ging plötzlich eine Scheune in Flammen auf. Dutzende Schafe und Lämmer starben.

Der toxische Gestank, das Ausmaß des Brandes, die chemischen Überreste – für die Ermittlerinnen und Ermittler war rasch klar: „Hey, das ist kein normaler Scheunenbrand.“ So erzählt es der Polizist Freek Pecht. Spätestens als ein Kran einen großen Speicher in den verkohlten Überresten barg, wurde dem Ermittler bewusst: Das hier war ein Labor, in dem Kokain produziert wurde.

Kokain und chemische Vorprodukte der Droge überschwemmen seit einigen Jahren Europas Schwarzmärkte. Immer wieder berichten Behörden von Rekordfunden im Ausmaß von dutzenden Tonnen der Droge, etwa an Häfen in den Niederlanden, Deutschland oder Spanien. Das Kokain wird immer seltener mit anderen Stoffen gestreckt – und häufig sogar in europäischen Ländern produziert.

Aber warum ist das so? Einen Einblick liefern die Narco-Files, ein Projekt des Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP), an dem auch der STANDARD mitgearbeitet hat. In Österreich recherchierten auch Paper Trail Media, das „Profil“ und der Podcast „Die Dunkelkammer“. Es basiert auf einem Datenleck bei der kolumbianischen Generalstaatsanwaltschaft – und eröffnet bislang einmalige Einblicke in die Welt des internationalen Drogenhandels….Der Standard
narcofiles-the-new-criminal-order/

Aleph Alpha

Künstliche Intelligenz:
Aleph Alpha erhält Hunderte Millionen Euro von Investoren.
Das deutsche Start-up Aleph Alpha hat von seinen Geldgebern 486 Millionen Euro erhalten. Das Unternehmen arbeitet an KI-Sprachmodellen für Verwaltung und Industrie.
 

Zeit.de berichtet:  Das Heidelberger Start-up Aleph Alpha hat mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar (486 Milliarden Euro) von seinen Geldgebern erhalten. An der Finanzierungsrunde sind unter anderem der Bosch-Konzern, die Schwarz-Gruppe und der Software-Konzern SAP beteiligt.

Aleph Alpha entwickelt auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Sprachmodelle und spezialisiert sich dabei auf deren Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung und in der Industrie. Es gilt als deutsches Vorzeige-Start-up. Dem 2019 gegründeten Unternehmen gelangen im vergangenen Frühjahr Fortschritte auf dem Weg zu einer KI, die korrekt und vertrauenswürdig sein soll. KI-Sprachmodelle sind anfällig dafür, falsche Angaben zu machen – sowie je nach Produkt auch für die Reproduktion diskriminierender Äußerungen, wovon auch das Testmodell von Aleph Alpha betroffen ist.

Die Finanzierungsrunde soll dem Unternehmen helfen, dem Wettbewerb gegen OpenAI, das die Sprach-KI ChatGPT auf den Markt brachte, sowie Großkonzerne wie Google und Microsoft standzuhalten. Ein großer Anteil der Investitionssumme fließt in Form einer Kapitalzusage des IPAI. Das ist ein Projekt der Dieter-Schwarz-Stiftung, das in Heilbronn Europas größtes Forschungszentrum für KI aufbauen will.
Habeck will KI nicht auf Risiken reduzieren

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nannte die Fortschritte des Unternehmens eine „wahnsinnige Erfolgsgeschichte“. Aleph Alphas Gründer und Geschäftsführer Jonas Andrulis sagte, die Investitionen würden dabei helfen, „an der Spitze dieser technologischen Entwicklungen zu stehen“. Vor allem für sensible Verantwortungsbereiche und in strategisch wichtigen Umgebungen werde Aleph Alpha „weiterhin die beste Option sein“. Andrulis warnte zudem vor einer in der Politik diskutierten übermäßigen Regulierung von KI.

Künstliche Intelligenz ist die wichtigste Technologie unserer Zeit. Aber auch ein riesiger Hype. Wie man echte Durchbrüche von hohlen Versprechungen unterscheidet, lesen Sie in unserem neuen KI-Newsletter.

Auch Habeck sprach sich dagegen aus, die Debatte über KI auf das Thema Sicherheit zu reduzieren. Stattdessen müsse mehr über die Möglichkeiten gesprochen werden, die KI-Modelle eröffneten. Europa dürfe dabei nicht abgehängt werden: „Überall da, wo wir stark sind, kann KI made in Europe auch stark werden“, sagte Habeck, etwa in Branchen wie Maschinenbau, Robotik und Telekommunikation. Dort seien genügend Daten und Expertise für die Entwicklung für KI-Anwendungen in diesen Bereichen vorhanden.
aleph-alpha

 

Papier kommt aus einer Maschine herausKI-Systeme sollen für die Verwaltung Texte generieren (Symbolbild) – Public Domain Midjourney („postbox with electric wires spills out documents)

Wirtschaftskriminalität in Europa: Über 98 Prozent der kriminellen Gelder bleiben unentdeckt

«Folge dem Geld»: Das ist ein gängiges Motto bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens. Catherine De Bolle, Chefin der EU-Polizeiagentur Europol, sagte es am Montag in Brüssel so: «Für jede Verbrechensuntersuchung brauchen wir parallel eine Untersuchung der Finanzströme.» Nachdem De Bolle 2018 Europol-Exekutivdirektorin geworden war, machte sie laut eigenen Angaben eine Tour bei den EU-Mitgliedstaaten und musste vielerorts hören, dass das Know-how nationaler Behörden in der Bekämpfung von Finanzverbrechen beschränkt sei.

Geldwäsche ist ein integraler Bestandteil organisierter Verbrechen – ob es um Drogenhändler, Zigarettenschmuggler, Mehrwertsteuerbetrüger, Wettmafias, Geldfälscher oder andere «Branchen» geht. Knapp 70 Prozent der in der EU aktiven kriminellen Netzwerke benutzen gemäss dem Bericht «Basistechniken» zur Geldwäsche, während der Rest professionelle Geldwäschereidienste oder das Untergrundbankensystem braucht. Professionelle Geldwäscher verlangen laut den Behörden typischerweise für ihre Dienste 5 bis 20 Prozent der gewaschenen Gelder.

Die Geldwäsche-Methoden

Die Liste der genannten Geldwaschmethoden ist ziemlich lang. Hier einige der genannten Stichworte: informelles Geldüberweisungssystem, Bargeldschmuggel, Banküberweisungen via Konten von Strohmännern, Benutzung von Kryptowährungen, fingierter Warenhandel, Zwischenschaltung von Scheinfirmen, Missbrauch legaler Geschäfte verschiedenster Branchen von Restaurants über Juwelierläden bis zu Spielkasinos und Fussballklubs.

Der Umfang der beschlagnahmten kriminellen Gelder nimmt tendenziell zu. Der Europol-Bericht nennt aufgrund von Angaben aus 24 Ländern für 2020 und 2021 eine Zahl von durchschnittlich 4,1 Milliarden Euro pro Jahr; eine frühere Schätzung für eine frühere Periode kam auf 2,4 Milliarden Euro pro Jahr. Zumindest einen Teil des Anstiegs erklärt der Bericht mit der verstärkten Verbrechensbekämpfung. Offen muss aber bleiben, inwieweit auch der Umfang der kriminellen Aktivitäten zugenommen hat.

Das Ausmass der illegalen Gewinne des organisierten Verbrechens liegt naturgemäss im Dunklen. Der Bericht schätzt, dass die Behörden insgesamt weniger als 2 Prozent der kriminell erwirtschafteten Profite beschlagnahmen. Der Umfang der vermuteten Gewinne des organisierten Verbrechens in der EU liegt bei Hunderten von Milliarden Euro pro Jahr. Das sind auf den ersten Blick riesige Volumen. Gemessen an der jährlichen Wertschöpfung der Gesamtwirtschaft in der EU entspräche dies einer Grössenordnung von einigen Prozent.

Mehr als 80 Prozent der kriminellen Netzwerke, die in der EU aktiv sind, missbrauchen legale Geschäftsstrukturen für ihre illegalen Aktivitäten. Finanzkriminalität, insbesondere Geldwäsche, warnt Europol, untergrabe die Gesellschaft aber nicht nur, weil sie die legale Wirtschaft unterwandere. Sie fördere darüber hinaus auch das Wachstum einer „parallelen Untergrundgesellschaft“, die aus Personen bestehe, die in zunehmendem Maße von der organisierten Kriminalität abhingen, um ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten.

The Other Side of the Coin – Analysis of Financial and Economic Crime (EN)

Hier die bemerkenswerte Rede vom 1.09.2023  von Kommissar Johansson bei einem Pressetermin mit Frau Catherine De Bolle, Exekutivdirektorin von Europol, zum ersten Leitbericht des Zentrums für Wirtschafts- und Finanzkriminalität.
Commissioner Johansson Speech

Sichergestelltes Bargeld vom nach Angaben von Europol größten Drogenhändler-Rings des Balkans, den internationale Ermittler gesprengt haben wollen.
 

Anne Derenne https://www.w-t-w.org/en/anne-derenne/

Fehler im System, die uns Milliarden kosten

Birgit Orths, Steuerfahnderin und Buchautorin:

  • Birgit Orths, Steuerfahnderin und Buchautorin: Fehler im System, die uns Milliarden kosten.
  • Andreas Frank, Co-Autor: Dreckiges Geld. Wie Putins Oligarchen, die Mafia und Terroristen die westliche Demokratie angreifen.
  • Markus Zydra, Co-Autor: Dreckiges Geld. Finanzredakteur der Süddeutsche Zeitung

Das Thema „Geldwäsche“ ist keineswegs neu. Die Frage ist vielmehr, warum es immer noch ein Thema ist. Nach wie vor fließen hunderte Milliarden Dollar aus illegalen Geschäften, Verbrechen und Diktaturen in den normalen Wirtschafts- und Geldkreislauf. Über die Größenordnung kann es nur Schätzungen geben. Es ist ein internationales Geschäft, wie auch die Bereiche unterschiedlich sind: Drogen, Immobilien, Luxusgüter, Glücksspiel, Finanzkriminalität und Steuerflucht.

Es gibt nationale und internationale Gesetze gegen Geldwäsche, doch ihre Durchsetzung ist nicht effektiv. Was fehlt noch?

Die Verantwortung für die Bekämpfung von Geldwäsche liegt im Bundesfinanzministerium. Doch bevor Finanzminister Christian Lindner (FDP), allen erklärt, wo gespart werden muss, wäre es doch besser, den Kriminellen das illegal erwirtschaftete Geld und die Vermögen abzunehmen, zumal dies auch eine effektive Verbrechensbekämpfung wäre.
Ist es in der Praxis wirklich so einfach?

Buchvorstellung und Gespräch

Dreckiges Geld und die Steuerfahndung

Birgit E. Orths hat ein Buch über ihre Arbeit als Steuerfahnderin geschrieben. Sie

berichtet darin, dass durch Kriminelle und Fehler im System dem Staat Milliarden verloren gehen. Ermittlungen dauern oft Jahre und können mitunter gefährlich werden.
deutschlandfunkkultur.de
swr.de
thalia.de/ leseprobe

Harm Bengen
www.harmbengen.de

Geheimakte Black Steel: Das Geldwäsche-Kartell und die Mafia-Spur

Wie kann es sein, dass deutsche Banken jahrelang Millionenbeträge an dubiose Geschäftsleute auszahlen? Ein Investigativ-Team von MDR, dem ARD-Studio Rom und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung haben zusammen mit report München wochenlang die Spuren dieses unfassbaren Falles in Deutschland und Italien verfolgt.

ardmediathek.de
br.de/nachrichten/bayern/
Das Geldwäsche-Kartell und die Mafia-Spur/PDF

Zocken ohne Limit – Online-Glücksspiel außer Kontrolle?

Online-Glücksspiele sind ein Multimilliarden-Geschäft. Die Mafia wäscht damit Millionen, Süchtige verzocken ihre Existenzen. 2021 richtete Deutschland eine Glücksspielbehörde ein. Die Auswüchse des Marktes sollen staatlich eingehegt und gleichzeitig die Spieler geschützt werden. Kann das gelingen oder will der deutsche Staat nur mitverdienen am großen Geld?

Während das traditionelle Glücksspiel in Casinos und Spielotheken rückläufig ist, boomt das Online-Glücksspiel – nicht zuletzt wegen der Pandemie. Bis vor kurzem waren Spieler in einem unregulierten grauen Markt unterwegs. Virtuelle einarmige Banditen waren zwar in Deutschland offiziell verboten, aber über ausländische Anbieter auf jedem Smartphone zugänglich.
2021 hat Deutschland seinen neuen Glücksspielstaatsvertrag ratifiziert. Der Markt soll endlich reguliert und die Spieler besser geschützt werden, und gleichzeitig will der deutsche Staat am großen Geld mitverdienen. 5,3 Prozent sind seitdem für jeden Spieleinsatz fällig. Trotzdem erwartet die Glücksspiel-Branche rund 3,2 Milliarden Euro Gewinn bis 2024. Doch die Gesellschaft zahlt einen hohen Preis für die dunklen Seiten des Online-Glücksspiels: Geldwäsche, organisierte Kriminalität, Spielsucht, zerstörte Existenzen und sogar Mord.
Ausgerechnet Malta, der kleinste Staat der EU, ist der größte Anbieter von Online-Glücksspielen. Über 300 Unternehmen aus der Online-Casino-Branche sind hier registriert. Mit Sonne, Meer und gutem Verdienst lockt die Branche Online-Streamer auf die Insel. Sie zocken live im Internet und fahren angeblich Millionen-Gewinne ein. Insider berichten von zweifelhaftem Geschäftsgebaren.
Die Investigation „Zocken ohne Limit“ begleitet italienische Ermittler, wenn sie den Geldströmen der Mafia folgen, erklärt das Geschäftsmodell der Branche, enttarnt die Gewinner, lässt die Verlierer und Regulierer zu Wort kommen. Kann der Staat die Auswüchse der Online-Glücksspiel-Branche überhaupt kontrollieren?
 

 
 
 
Casino von Alexei Talimonov | Politik Cartoon | TOONPOOL

Casino von Alexei Talimonov