Haben Frauen einen eigenen Anlagestil?

Gender-Investments liegen im Trend. Anlagestrategien von Frauen. Die UBS entdeckt die reichen Frauen

Die Grossbank UBS hat sich im Private Banking bisher eher auf Männer ausgerichtet. Jetzt will sie reiche Frauen für sich gewinnen. Sie haben andere Anlagestrategien als Männer.

Zoé Baches berichtet: Was unterscheidet eine vermögende Bankkundin von einem vermögenden Bankkunden? Gemäss Mara Harvey, Managing Director bei der UBS, mögen es Frauen generell nicht, finanzielle Angelegenheiten in technischem Fachjargon erklärt zu bekommen. Sie bevorzugten einen ganzheitlichen Dialog und wollten stärker über den Verwendungszweck für ihr Vermögen sprechen, sagt Harvey. Männliche Kunden stiessen sich meist nicht daran, wenn ein Berater technisch argumentiere, um so seine Kompetenz zu zeigen. Bisher hätten sich die UBS und die Finanzindustrie generell im Private Banking auf den Mann als Kunden konzentriert. Das ist wohl der Tatsache geschuldet, dass die Ranglisten der reichsten Personen jeweils stark von Männern dominiert werden. Die spezifisch weibliche Sicht sei von der Vermögensverwaltung bisher vernachlässigt worden. Die UBS wolle nun einen «intensiveren Dialog» mit Frauen führen, sagt Harvey.

Frauen erben öfter zweimal
«Wir haben immer schon Frauen betreut, vielleicht aber haben wir ihnen nicht gut genug zugehört», fasst Harvey die heutige Situation zusammen. Handlungsbedarf besteht in mehreren Bereichen, so kann es heute passieren, dass ein Berater auch nach jahrelangem Mandat nicht weiss, was seine Kundin genau will, oder er nimmt sie primär als «Ehefrau von» oder «Tochter von» wahr anstatt als eigenständige Person, oder aber er redet sie, wie angeführt, mit schwerverständlichen Fachausdrücken quasi in Grund und Boden.

Die UBS schätzt, dass heute weltweit 13 Bio. $ Vermögen im Besitz von Frauen sind. Bis in fünf Jahren sollen sich 18 Bio. $ in Frauenhänden befinden. Das Privatvermögen von Frauen dürfte somit gemäss Schätzungen der Grossbank in diesen fünf Jahren jährlich um 7% zunehmen und insgesamt um 1,6% rascher wachsen als dasjenige der Männer. Dass die Vermögen von Frauen stärker wüchsen, hänge mit der Demografie zusammen und damit, dass es immer mehr Unternehmerinnen gebe, sagt Harvey. Ausserdem erben Frauen auch öfter zweimal als Männer: beim ersten Mal von den Eltern, beim zweiten Mal vom oft älteren Ehemann, dessen Lebenserwartung zudem tiefer ist. Eine Studie von Boston Consulting Group besagt, dass nur 10% der reichen Frauen ihren Banker als «entscheidenden Partner» für Finanzentscheide nennten. Offenbar würden zudem viele Frauen ihren Berater gerne wechseln, mehrheitlich, weil sie sich nicht richtig verstanden fühlten.

Zwar unterscheiden sich die Ziele reicher Frauen langfristig nicht von denjenigen der Männer; im Zentrum stehen der Kapitalerhalt und die geregelte Weitergabe der Vermögenswerte an die nächste Generation. Frauen interessieren sich aber offenbar mehr dafür, was mit ihrem Geld passiert und in welche Anlagen, oft auch zugunsten des Gemeinwohls, investiert wird.

Eigentlich scheint das Thema Frauen und Finanzen abgegriffen. Bei fast jeder Schweizer Bank gibt es spezifische Anlässe und Angebote nur für Frauen. Die Basler Kantonalbank beispielsweise macht das seit vielen Jahren. Auch sollte es eigentlich längst normal sein, dass eine Bank ein Kundenbedürfnis geschlechtsunabhängig abklärt. Frauen wollen oft nicht speziell behandelt werden nur aufgrund ihres Geschlechts.
Allein unter Frauen

Und dennoch ortet die UBS einen entsprechenden Bedarf aufseiten der Frauen. So organisiert die Bank weltweit Seminare ausschliesslich für reiche Kundinnen, beispielsweise zum Thema «Nachfolge». «Derart geschlechtergetrennte Anlässe waren bei uns früher intern umstritten», sagt Harvey. Doch die Resultate waren bisher eindeutig. Unabhängig von Alter, Herkunft oder Region: Erst allein unter Frauen konnten diese eigentlich so privilegierten Kundinnen ihre tatsächlichen Wünsche an die eigene Vermögensverwaltung klar artikulieren. Und zwar gemäss UBS oft ehrlicher und klarer als in der tatsächlichen Beratung. Den UBS-Betreuern soll zudem stets beschieden worden sein, diese Anlässe nicht etwa für Männer wie die Ehepartner zu öffnen, man wolle unter sich bleiben.

Was heisst das konkret für die Banker? Möglicherweise werden künftig Frauen vermehrt von Frauen betreut. Offen ist ausserdem, wie ein Private Banker mit der neuen Welt zurechtkommt, der sich bisher auf «männliche Bedürfnisse» bei der Betreuung konzentriert hat, beispielsweise den üblichen gemeinsamen Barbesuch. Letztlich dürften aber auch männliche Kunden profitieren, wenn man auch ihnen besser zuhört, einfacher spricht und mehr Anlagemöglichkeiten etwa in Bezug auf Nachhaltigkeit zeigt. NZZ

Rudolf Schuppler
www.w-t-w.org/en/cartoon/rudolf-schuppler
www.grafik-schuppler.at

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.