Ist Geld eine teuflische Angelegenheit?

Geld und Goethe oder Geldgeile Intellektuelle? Philosophen und Anthropologen wollen es plötzlich wieder wissen: Was zum Teufel ist Geld? Niemand braucht virtuelles Buchgeld an Zahlung zu nehmen.

René Scheu berichtet: Wie teuflisch, das lässt sich in Goethes Faust II nachlesen. Der Kaiser braucht Geld, um seinen Hof zu finanzieren und sein darniederliegendes Land aufzupäppeln – und Mephistopheles überzeugt ihn davon, Papiergeld zu emittieren. Ein Federstrich des Kaisers macht aus einem blossen Papierschein wirkmächtiges Geld – Kaufkraft, für die es Handfestes gibt. «Geld» kommt von «gelten», genauer: von «entgelten» bzw. «Entgelt». Geld ist das Zurückzuzahlende, das also, was eine Schuld begleicht. Das kann es jedoch nur, weil es selbst jemandem geschuldet ist – Geld kommt als Kredit in die Welt, oder andersherum betrachtet: als Schuld, genauer: als umlauffähiges Schuldpapier. Was die obengenannten Intellektuellen jedoch wohlweislich ausblenden, wusste Goethe nur zu genau, dass nämlich echtes Geld stets durch ein Pfand, mithin durch Eigentum, besichert ist. In Faust II heisst es: «Der Zettel hier ist tausend Kronen wert. / Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand, / Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.»

Wenn Goethes Theorie stimmt, stellt jede Note nichts anderes dar als die Forderung gegen das Eigentum des Geldemittenten. In der modernen Welt sind dies Geschäftsbanken und Zentralbanken. Was selbst viele Banker nicht wissen: Das meiste Geld – rund 90 Prozent – wird nicht von den Zentralbanken, sondern von privaten Banken als Buchgeld geschöpft, das durch die Pfänder der Kreditnehmer und durch das Eigenkapital der Banken besichert ist. Und die Zentralbanken? Die stellen den Geschäftsbanken Gratisgeld gegen mittlerweile mindere Pfänder zur Verfügung. Aber die Banken wollen die günstigen Kredite nicht weiterreichen – und potenzielle unternehmerische Schuldner halten sich bedeckt, weil jede Investition in unseren Zeiten ein Grossrisiko darstellt. Unternehmen horten derweil zuhauf Bargeld. Geld und Güter sind billig wie nie – doch die Leute lassen sich sogar von Negativzinsen nicht vom Sparen abhalten, weil sie vorsorgen wollen…NZZ

Der Geldteufel, französische Radierung des frühen 18. Jahrhunderts

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