Verfall der türkischen Lira setzt Erdogan unter Druck

Die türkische Währung verliert in Rekordtempo an Wert. Die Zentralbank müsste handeln. Doch dem steht Präsident Recep Tayyip Erdogan entgegen. Daher machen Fachleute Präsident Erdogan für die Kursturbulenzen mitverantwortlich.

Die türkische Lira ist zwar schon länger schwach, aber so ausgeprägt wie in der jüngeren Vergangenheit waren ihre Kursverluste schon lange nicht mehr. Die Währungskrise droht Erdogan nun ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Der Präsident lehnte eine Zinserhöhung entschieden ab, um das Wachstum nicht zu gefährden. Vize-Regierungschef Mehmet Simsek begrüßte am Mittwoch aber die Leitzinserhöhung. Die Zentralbank habe seine „volle Unterstützung“.

Erdogans Herausforderer im Rennen um das Präsidentenamt forderten die Regierung am Mittwoch zu einem Kurswechsel auf. Die Wirtschaft drohe an die Wand gefahren zu werden, sagte der Sozialdemokrat Muharrem Ince an einer Wahlkampfveranstaltung im osttürkischen Erzincan. «Wenn die Regierung so weitermacht, gehen wir alle unter.»

Erdogan müsse seine überholten Praktiken wie Devisenkontrolle oder den Umtausch von Vermögenswerten in ausländischen Währungen in Lira aufgeben. Zudem müsse Erdogan aufhören, sich in die Geldpolitik der Zentralbank einzumischen, und er müsse zu Finanzdisziplin zurückkehren, forderte Ince. Die Präsidentschaftskandidatin Meral Aksener sprach sich ebenfalls für eine Stärkung der Unabhängigkeit der Zentralbank aus.

Für den Augenblick scheint sich im Regierungslager die Vernunft durchgesetzt zu haben. Doch Erdogan und seine engsten Berater sind entschiedene Gegner von Zinserhöhungen, die der Präsident den «Vater allen Übels» nennt. Sein Umfeld gefiel sich am Mittwoch einmal mehr darin, wilde Verschwörungstheorien zu verbreiten, wonach finstere ausländische Mächte hinter dem Verfall der Lira stecken. Experten zeigten sich skeptisch, ob die jetzige Zinserhöhung die Märkte dauerhaft beruhigt.
Recep Tayyip Erdoğan @RT_Erdogan

Yasar Kemal Turan
@yasarkemalturan

 

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