Mafiabesitz beschlagnahmen – und dann?

Die italienische Nachrichtenagentur Ansa meldet am 10.Oktober: „Der Präfekt Umberto Postiglione, Direktor der Nationalen Agentur für die Verwaltung und Nutzung der der Organisierten Kriminalität konfiszierten Besitztümer hat in Palermo am 10. Oktober 101 Besitztümer an verschiedene Bürgermeister der Provinzen Palermo und Trapani übergeben, darunter Gebäude, Appartements und Grundstücke, die nun für institutionelle und soziale Zwecke bestimmt sind.“.. Antimafiaduemila.com/

So müssen sich das die Väter des Gesetzes Rognoni-La Torre (von 1982) gedacht haben, als sie die Beschlagnahmung von Besitz überführter Mafiosi zum Gesetz erhoben.

Aber es gibt auch Probleme:
Da ist zum einen die beträchtlich zunehmende Zahl der Beschlagnahmungen, was zunächst doch ein höchst erfreulicher Umstand ist. Nach Angaben des Justizministeriums haben in den vergangenen 4 Jahren die Beschlagnahmungen in den südlichen Regionen um 72% zugenommen, mit Schwerpunkten in den großen Städten wie Palermo, Neapel, Reggio Calabria, Bari, Rom, gefolgt von den Städten Bologna, Mailand und Turin in Zentral- und Norditalien. Unter den eingezogenen Mafia-Besitztümern rangieren Immobilien an 1. Stelle (45,9%), gefolgt von beweglicher Habe wie Fahrzeuge aller Art und Patente (36,8%). An dritter Stelle mit 11,4% stehen Geldanlagen wie Wertpapiere, Aktien, Schecks. Den letzten Rang nimmt die Beschlagnahmung von Firmen ein (ca. 7%)

Aber: Unter 153 000 beschlagnahmten Gütern waren im Dezember 2015 nur 4 % einer konkreten Nutzung durch neue Eigentümer zugeführt.

Besitztümer, die an staatliche Behörden übergeben wurden (60 %), beherbergen nun vor allem Carabinieri, Polizei und Finanzpolizei. Sind Kommunen die neuen Besitzer (59%) steht die Nutzung für soziale Zwecke im Vordergrund, z.B. als Vereinslokale, Jugendhäuser, Seniorenzirkel usw., der Rest dient Zwecken der öffentlichen Verwaltung (Notunterkünfte, Büroräume, Raume für Schulen usw.) .. Avvisopubblico.it

Der sinnvolle Umgang mit konfisziertem Mafiabesitz ist also offensichtlich nicht gerade unkompliziert.

Die vom Gesetz vorgesehene „Rückerstattung“ dieser von den Mafien illegal der Gesellschaft gestohlenen Besitztümer gilt nicht unangefochten als oberstes Ziel der staatlichen Maßnahmen. Einzelne Politiker befürworten aus verschiedenen Gründen deren öffentliche Versteigerung, was nach Meinung von Antimafia-Experten den Mafien die beste Gelegenheit böte, sich erneut in den Besitz der eingezogenen Güter zu bringen – die Mafien können jeden Preis bezahlen. Bei den einer neuen Verwendung zugeführten Immobilien zeigt sich, dass die Erhaltung und Pflege der Gebäude nicht immer garantiert ist. Und was macht man mit illegalen Bauwerken? Abreißen? Soziale Einrichtungen in einem ohne Baugenehmigung errichteten Gebäude unterbringen? Sind ganze Firmen beschlagnahmt worden, stellt sich vor allem die Frage, wie man den Fortbestand der Firma ermöglichen und die Arbeitsplätze sichern kann.

Nicht zuletzt ergibt sich die Frage „Wie korrekt gehen die entsprechenden Beamten mit der Verwaltung des konfiszierten Besitzes und der Festlegung neuer Eigentümer vor?“ In Palermo wurde in diesem Jahr die mit diesen Aufgaben betraute Richterin mit 3 Kollegen vom Dienst suspendiert. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten auf Korruption, Induktion, Amtsmissbrauch und Geheimnisverrat – ein herber Schlag für die gesamte Antimafia-Bewegung in Italien. Wie der italienische Justizminister Orlando unlängst feststellte, habe die Richterin mit ihrem Vorgehen nicht nur ihre persönliche Glaubwürdigkeit geschädigt, sondern auch das Prestige und die Würde der gesamten Richterschaft.  Palermotoday.it

„Keine Geschenke an die Mafien! Die beschlagnahmten Güter sind „Unsere Sache“
Confisca

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