Traumjobs – Monolog von John von Düffel

Am Theater in Kempten/Allgäu hatte der Monolog Traumjobs Premiere. Sebastian Strehler spielte überzeugend einen jungen Mafioso.

Das Stück, das 2009 in Stendal uraufgeführt wurde, ist nun den Kemptner Verhältnissen angepasst worden: In ihrer Einführung liest die Dramaturgin Schmidbauer Passagen aus dem Buch von Andreas Ulrich „Engelsgesicht“ vor, das die Geschichte des auf dem Kemptener Bahnhof festgenommenen Killers der `Ndrangheta Giorgio Basile erzählt. Der Autor John von Düffel hat das Stück für Jugendliche geschrieben, die vor der Berufswahl stehen und sich fragen, „Was will ich, und was kann ich?“

Auf der Bühne ist eine ältere Vespa zu sehen, die für die Hauptfigur eine zentrale Rolle spielt. An der Wand hängen ein Pin-Up-Girl und ein altersgraues Gemälde der Madonna mit Kind. Am linken Bühnenrand fällt eine Reliefkarte Kalabriens ins Auge, rechts von der erhöhten Bühne ist eine kleine Küchenzeile mit Caffettiera, Kaffeedose und Geschirr aufgebaut. Dann eilt der Mafioso Carlo Destra auf die Bühne und beginnt seine Geschichte.

Die Inszenierung von Wolfgang Seidenberg setzt auf eine gelungene Mischung aus ruhigeren Phasen, in denen die Erzählung des Protagonisten im Mittelpunkt steht, und aus lebendiger Bewegung durch Aktivitäten des Hauptdarstellers: Z.B. bereitet sich der Mechatroniker Carlo einen Kaffee zu, bevor er sich ernsthaft an der Vespa zu schaffen macht, wobei er nach und nach aus ihrem Innern immer größere Kokain-Päckchen zu Tage fördert. Er spricht einzelne Zuschauer direkt an, die Eingangstür und die Toilette werden in die Handlung einbezogen, so dass die ganze Theaterwerkstatt und das Publikum zu einem Teil der Handlung werden. Musik und zahlreiche witzige Momente bewirken, dass man sich während des langen Monologs zu einem doch sehr ernsten Thema keine Minute langweilt.

Carlo Destras Geschichte ist schnell erzählt: Als er zwölf Jahre alt ist, beschließen seine Eltern, nach Kalabrien zurückzugehen – der Vater ist als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, die Mutter ist Deutsche. Nach und nach entdeckt der heranwachsende Junge, dass vieles nicht so ist, wie er gedacht hat: Kalabrien verliert für ihn den Nimbus des ewigen Ferienparadieses, der gute „Onkel“ Umberto ist nicht der großzügige Verwandte, als der er ihm vorgestellt wurde, sondern der örtliche Mafiaboss, dem sein Vater sklavisch ergeben ist. Schon mit 13 sieht er zum ersten Mal in seinem Leben eine Leiche, das erste Geschenk ist eine Vespa und kurz darauf händigt man ihm eine Schusswaffe aus. Sein Weg führt Carlo also direkt in die Fänge der Mafia. Es wird deutlich, wie die Mafia junge Leute für ihre Geschäfte ködert: Komplimente, Versprechungen, leicht zu verdienendes Geld, Wichtigkeit, schicke Kleider – und angeblich gute Gefühle: „ Hättet ihr etwas gegen ein bisschen Respekt und das Gefühl, einmal stärker zu sein als der Staat?“

Aber Carlo durchschaut nach und nach die falschen Versprechen der Mafia. Als er erfährt, dass sein Vater einen Freund umgebracht hat, bewundert er nicht dessen Coolness, sondern er ist geschockt: Auch der Vater ist nicht der, für den er ihn gehalten hat. Nachdem er zuerst verschiedene Botendienste geleistet hat, wird er dann von der `Ndrangheta in den Osten Deutschlands geschickt. Dort soll er in seinem schicken Armani-Anzug und mit seinen guten Umgangsformen neue Mafiosi unter den frustrierten Jugendlichen rekrutieren – leicht verdientes Geld. Und trotzdem – in ihm wird der Wunsch, sich aus dem „Traumjob“ zu befreien, immer stärker. Aber wie er das schafft, das soll hier nicht verraten werden.

Die Aufführung lebt vor allem vom Talent und der Vielseitigkeit des Hauptdarstellers. Wer die Filme „Der Pate“ gesehen hat, erkennt in einem nachgespielten Dialog mit dem Boss die Stimme des alternden Marlon Brando wieder – eine gelungene Parodie! Das Stück soll in verschiedenen Schulen aufgeführt werden. Man kann sich gut vorstellen, dass ältere Schüler sich nicht nur amüsieren, sondern auch davon angeregt werden, Fragen zu stellen, an sich selbst und an ihre Lehrer.
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