Die „Königin“ der Häftlinge muss in Untersuchungshaft

Beispiel „Grauzone“: Die „Königin“ der Häftlinge muss in Untersuchungshaft

Im Rahmen einer Polizei-Operation gegen zwei `ndrangheta-Clans aus Rosarno (Kalabrien) wegen Zugehörigkeit zu einer Mafia-Organisation, wegen Drogenhandels, versuchten Mordes, Waffenbesitz und anderer Vergehen erhielt auch die Kriminologin Angela T. einen Brief von der Staatsanwaltschaft Reggio Calabria und wanderte in Untersuchungshaft.

Die Kriminologin, die als Vertreterin der Antimafia-Institutionen in verschiedenen Fernsehsendungen aufgetreten ist und dort die Haftbedingungen in verschiedenen Gefängnissen schilderte, soll in Wahrheit laut Staatsanwaltschaft im Dienste der `Ndrangheta stehen. Sie habe ein ganzes System von Leuten aufgebaut, die für die Haftbedingungen zuständig sind, und soll Angehörigen von `ndrangheta-Clans unerlaubte Vorteile verschafft haben: Darunter z.B. die Verlegung in eine andere Haftanstalt, die dem jeweiligen Häftling genehmer war, Beschleunigung von gefängnisinternen Vorgängen, z.B. wenn der Antrag gestellt war, die Haft durch das Tragen einer elektronischen Fußfessel zu ersetzen, Ausstellung von medizinischen Gutachten, die in Folge zu Hafterleichterungen führen, Weitergabe von internen Informationen. „Bezahlt“ wurden die erbrachten Dienstleistungen mit Geld oder mit Sex von Escort-Damen, die von den `ndrangheta-Clans zur Verfügung gestellt werden.

Aufgeflogen ist dieses System durch die Anzeige eines medizinischen Gutachters, der von der Staatsanwaltschaft Reggio Calabria beauftragt worden war, den Gesundheitszustand eines Mafiabosses zu begutachten, der im Gefängnis Opera (Mailand) einsitzt. An der Visite habe auch Angela T. als externe Beraterin teilgenommen. Beim gemeinsamen Essen nach dem Termin habe die Kriminologin, so der Gutachter, wiederholt versucht, ihn zu motivieren ein Gutachten abzufassen, das den Interessen des Mafia-Bosses entgegen kam. „Wenn ich es schaffe, ihn freizubekommen, dann werde ich zur Königin der Häftlinge.“ Nach dem Essen sei sie dann noch deutlicher geworden, und habe ihm versichert, dass kein Gutachter, der für sie gearbeitet habe, es bisher bereut habe. Sie nannte dann tatsächlich die Namen verschiedener Ärzte und Gutachter, bei denen er sich erkundigen könne, wie gut sie für solche „Gefälligkeitem“ bezahle. Falls er wolle, könne sie ihm auch Escort-Damen beschaffen, die ihm dann zu Diensten stünden.

Der Gutachter hat sich allerdings umgehend an die Staatsanwaltschaft gewandt. Deren Ermittlungen und zahlreiche abgehörte Gespräche von Angela T .belegen, dass es sich beim oben geschilderten Vorgang um keinen Einzelfall handelt. Außerdem wurde klar, dass das von ihr genutzte Netzwerk sich nicht auf die Welt der Gefängnisse beschränkt, sondern auch Vertreter von verschiedenen Polizei-Einheiten und Mitarbeiter von Gefängnis-Krankenhäusern einschließt: So habe sie sich in großem Umfang alle für ihre Klienten wichtigen Informationen beschaffen können.

Man kann sich nur wundern, wie ungeniert sich die Kriminologin an eine ihr unbekannte Person wendet, ihr eine kriminelle Handlung vorschlägt, ihr Namen von (korrupten) Medizinern und Gutachtern nennt, bei denen sie sich über die Bezahlung erkundigen könne. Aber möglicherweise ist dieses Vorgehen auch in anderen Bereichen der Gesellschaft so gang und gäbe.
Ilfattoquotidiano
Repubblica.it

Die Grauzone – unsichtbare Macht der Korruption

Dad, ich möchte eine Karriere in der organisierten Kriminalität machen. Regierung oder privaten Sektor?

 

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