Die Mafien in Zeiten des Corona-Virus II

Weitere Stimmen aus Italien – eine Auswahl

Indulto = Amnestie

Franco Roberti, ehemaliger nationaler Antimafia-Staatsanwalt, jetzt Abgeordneter im Europaparlament, wird zur Meldung der Zeitung Il Mattino befragt, dass Angehörige und Gefolgsleute der Camorra in Neapel Einkaufstüten mit Nudeln, Brot und anderen lebenswichtigen Lebensmitteln kostenlos verteilen: „Die Camorra ist System. Es handelt sich dabei um Werbung für einen ganz bestimmten Lebensweg – Camorra – von der Wiege bis zur Bahre.“ Die Strategie sei, damit neue Anhänger und Komplizen zu gewinnen, auch im Bereich der Wirtschaft. Auf die Frage, ob die Camorra eine eigene Methode habe, sich in der lokalen Wirtschaft breitzumachen, verweist Roberti darauf, dass in Neapel seit dem Zweiten Weltkrieg neben dem legalen Markt der vielleicht noch größere Schwarzmarkt existiere. Er werde von den Behörden toleriert, um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und um ganzen Bevölkerungsgruppen das Überleben zu ermöglichen, die andernfalls wegen des Mangels an legaler Arbeit „verschwinden“ müssten. Die aktuelle Krise sei vielleicht die letzte Gelegenheit zu beweisen, dass der Staat, wenn er will, stärker sein kann als die Camorra.

Giuseppe Lombardo, Antimafia-Staatsanwalt in Reggio Calabria, analysiert das Verhalten der `ndrangheta: In der ersten Phase der Krise ziele das Vorgehen darauf, den bisher bekannten kriminellen sozialen Kontext nicht zu destabilisieren, man bevorzuge deshalb eine „Tätigkeit in der Stille“. Sobald aber die Zahlen zurückgingen, die Notsituation sich abschwäche, würde die `ndrangheta versuchen, die neuen Szenarien im Bereich der Wirtschaft und der Finanzen in Italien und im Ausland ganz genau zu erforschen. In dieser Phase würden weltweit Analysten von den großen Mafien beauftragt, die einträglichsten produktiven Sektoren zu ermitteln, in die dann die immensen Summen kriminellen Geldes fließen könnten- An der Spitze der `ndrangheta liefen dann die Planungen für das bisher größte „Finanz-Doping“ aus Mafia-Kapital, das die Welt in jüngster Zeit gesehen hätte. Die Aufgabe der „Basis“ werde es sein, die Rolle der `ndrangheta als „atypischer sozialer Stabilisator“ zu festigen und mit zinslosen Darlehen mittellosen Privatpersonen und Unternehmern kurz vor der Insolvenz unter die Arme zu greifen. Die Vertreter der Kommandozentrale der `ndrangheta würden zunächst einmal das Ziel verfolgen, das Überleben breiter Bevölkerungsschichten zu garantieren, die für jede Art illegalen Markt tätig sind und deshalb keinen Anspruch auf staatliche Hilfen anmelden können. Man werde selbstverständlich auch nicht darauf verzichten, das so erworbene Ansehen in der Bevölkerung für die eigenen Zwecke zu nutzen. Außerdem, so Lombardo, werde man sich die Situation zunutze machen, dass die nötigen Summen für die Bewältigung der Krise durch den Staat fehlten und dass lediglich illegales Kapital sofort verfügbar und völlig flexibel einsetzbar sei: Die großen Mafia-Organisationen, befürchtet der Staatsanwalt, würden sich nicht mehr damit begnügen, sich kleine oder große Betriebe anzueignen, sie werde noch mehr als bisher versuchen, ihre Stellung im Bereich der essentiellen Dienstleistungen zu festigen. Er nennt hier den Banken- und Finanz-Sektor, das gesamte Gesundheitswesen, die Pharma-Industrie und alle lebenswichtigen Produkte. Dass dies geschehe, müsse zum Schutz der legalen Wirtschaft unbedingt durch eine sofortige Reform der Antimafia-Gesetzgebung verhindert werden.

Täglich liest man von ähnlich lautenden Warnungen, die auch die sog. Phase 2 der Krise einbeziehen.

Stellvertretend dafür die schriftliche Stellungnahme des Chefs der Staatspolizei und Leiter der Hauptabteilung für innere Sicherheit im Innenministerium in Rom Franco Gabrielli: Interpol hat den Text an 194 Regierungen verschickt, die zur Organisation Interpol gehören, denn in ihm werden die möglichen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Aufgaben der Polizei und auf die Entwicklung der OK beschrieben. Die Corona-Krise stelle eine Situation dar, wie man sie sich schlimmer nicht vorstellen könne. Sie berge das Risiko eines „Finanz-Dopings“ durch Gelder krimineller Herkunft und das eines parallelen Sozialsystems, das von den großen Mafia-Organisationen finanziert und organisiert werde. Heute verteilten die Mafien im Süden Italiens Grundnahrungsmittel an die Familien, die nicht auf die Ankunft der von der Regierung angekündigten Essensgutscheine warten könnten. Außerdem hätten sie einen Generalerlass auf die Bezahlung von Kreditzinsen erlassen. In Phase 2 könnte der Druck durch die Mafien geradezu explodieren. Entscheidend sei deshalb schon heute die Strategie, die von den Polizeikräften entwickelt werde, wenn man den Rechtsstaat aufrecht erhalten und die Wirtschaft vor der Vergiftung durch die OK bewahren wolle. Nach einer Analyse der aktuellen Situation, die im Wesentlichen der von Giuseppe Lombardo entspricht, nennt er die vier Maßnahmen, die deswegen jetzt getroffen werden müssen: 1. Die Kontrolle der betroffenen Infrastrukturen muss verschärft, die Maßnahmen im Bereich der Prävention müssen verstärkt und wirkungsvoller gemacht werden. 2. Es müssen größtmögliche Anstrengungen im Bereich der Ermittlungsarbeit unternommen werden, um zu sehen, in welcher Weise sich die kriminellen Organisationen neu aufstellen. 3. Die Wirtschafts- und Finanzkreisläufe müssen genauestens analysiert und kontrolliert werden, um zu vermeiden, dass Mafia-Kapital in die legalen Kreisläufe eingeschleust wird. 4. Und da die bestbezahlten Analysten schon am Werk seien, um für die Mafien die nach der Corona-Krise profitabelsten Gelegenheiten zu prüfen, müsse man die Mafia-Infiltration bei den „großen Bauwerken“ (in Italien z.B. die Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecke Turin-Lyon) verhindern und die transnationale Zusammenarbeit der Polizeikräfte verstärken und weiter ausbauen.    

Problemfeld Gefängnisse: Gleich nach Ausbruch der Corona-Krise, als die Regierung Anfang März die Besuche von Angehörigen in den Gefängnissen stoppte, gab es über ganz Italien verteilt gleichzeitig (zwischen dem 7. Und 9. März) heftige Revolten in 22 Haftanstalten. Die Ermittlungen dazu gehen inzwischen von einer okkulten Regie aus dem Kreis der Mafiaorganisationen aus, während die konkrete Ausführung Aufgabe von Kleinkriminellen war. Das Ergebnis: zig geflohene Häftlinge, zig Verwundete, 22 Tote (laut Behördenangaben seien alle an einer Überdosis Methadon oder anderer Medikamente verstorben, die sie in den Gefängnisapotheken gestohlen hatten.). Ziel der Aktion: Die Themen Amnestie, Straferlass und Hafterleichterung wieder zur Tagesordnung machen. Und die Strategie hatte Erfolg: Verschiedene Stimmen verlangen z.B. für mindestens 10 000 Häftlinge die Haft durch Hausarrest zu ersetzen, während vor allem Vertreter der Justiz darin ein Nachgeben des Staates auf einen Erpressungsversuch der Mafien sehen.

Nino Di Matteo meint, „selbst wenn es sich tatsächlich nicht um eine Kapitulation des Staates gegenüber der Mafia handelt, es könnte danach aussehen“. Noch deutlicher wird Nicola Gratteri: „Wenn ich Justizminister wäre, würde ich jetzt zuerst alle Haftanstalten gegen jedes Telefonsignal abschirmen. Es ist doch kein Zufall, dass die Revolten über eine Distanz von über 1000 km gleichzeitig ausbrechen. Das passiert, weil die Gefängnisse voller Handys sind. Wie könnte es sonst sein, dass um 10 Uhr morgens eine Revolte in Foggia ausbricht und zur gleichen Uhrzeit eine in Modena?“ Wen die genauen (und interessanten) Ergebnisse der bisherigen Ermittlungen interessieren:
Ilfattoquotidiano.it

Die Mafien in Zeiten des Corona-Virus – Antimafia-Experten schlagen Alarm

Die Mafien in Zeiten des Corona-Virus – Antimafia-Experten schlagen Alarm

Italien: In den letzten Tagen häufen sich die Warnungen von namhaften Antimafia-Experten, wie die Mafien von der Pandemie profitieren werden.

Hier eine Auswahl:

Roberto Saviano, Autor des Romans „Gomorra“, meldet sich zuerst zu Wort. Zwar schränke die Ausgangssperre den Aktionsradius der Mafiosi in der Öffentlichkeit ein, doch beweise die Mafia auch jetzt ihre Anpassungsfähigkeit. Ein Beispiel: Statt die Drogen wie bisher auf Straßen und Plätzen zu verticken, entdecke man jetzt die Pusher in den Schlangen vor den Supermärkten oder man biete Lieferung ins Haus. Viel wichtiger aber ist seiner Meinung nach die Tatsache, dass die Mafien in den letzten Jahrzehnten in alle Bereiche des täglichen Lebens investiert haben, z.B. in Firmen, die die verschiedensten Dienstleistungen anbieten, in den Logistik-Sektor, in Bestattungsunternehmen, usw. usw. bis hin zum Handel mit Nahrungsmitteln und zur Übernahme von Tankstellen. Damit können sie, sobald die Lieferketten nicht mehr richtig funktionieren, in die Bresche springen und das Gewünschte zu ihren eigenen Bedingungen anbieten. Hinzu kommt, dass die Katastrophensituation dazu führt, dass die Medien sich auf das eine Thema des Augenblicks konzentrieren und andere wichtige Bereiche nicht mehr mit der nötigen Aufmerksamkeit verfolgen. Insgesamt, so Saviano, bedeute die Pandemie für die Mafia hervorragende Geschäfte und das von ihr so geschätzte Stillschweigen.

Der nationale Vizepräsident der Antiracket-Organisation (FAI), Renato De Scisciolo, macht darauf aufmerksam, dass Wucherei und Erpressung nicht in Quarantäne gehen und dass die OK dabei sei, sich neu aufzustellen. Auch wenn die Regierung Conte in ihrem letzten Dekret „Cura Italia“ eine Norm eingefügt habe, die Banken und Finanzinstitute auffordere, im Augenblick auf die Zurückzahlung von Darlehen und Ratenzahlungen zu verzichten, so seien doch bisher zahlreiche Anzeigen eingegangen, dass Banken ihre Kunden ständig zur sofortigen Rückzahlung der Schulden drängen. „Wir sind bereit, die Direktoren dieser Banken und Finanzbüros anzuzeigen“. Außerdem, so De Scisciolo, bestehe die Gefahr, dass diejenigen, die Angst haben, in der Krise alles zu verlieren, sich an Kredithaie wenden.

Auch der Antimafia-Staatsanwalt von Catanzaro (Kalabrien) Nicola Gratteri sieht diese Gefahr: Die `ndrangheta, so Gratteri, hat Geld im Überfluss und kann es sich leisten, Geld zu verleihen ohne groß auf Sicherheiten zu bestehen. Anfangs werde sie Kredite zu niedrigen Zinsen anbieten, um sich als Wohltäter aufzuspielen, doch es bestehe das Risiko, dass auf diese Weise nach und nach legale Unternehmen an Strohleute der `ndrangehta übergehen. Aber auch Privatleute, vor allem die Ärmsten der Armen, bekämen Hilfe: Man biete ihnen eine Arbeit (natürlich Schwarzarbeit) für 30 Euro am Tag, wodurch eine psychologische Abhängigkeit entstehe. Durch `ndrangheta-Kredite wachse diese Abhängigkeit weiter, und bei den nächsten Wahlen würden diese Personen selbstverständlich ihre Stimme für ihre Wohltäter abgeben. So gelinge es der `ndrangheta, die Zustimmung in der Bevölkerung zu steigern.

Der nationale Antimafia-Staatsanwalt Cafiero De Raho fordert wie Gratteri die Regierung auf, sich auch um die ärmsten Bevölkerungsgruppen zu kümmern, die sonst leicht zur Beute für die Mafia würden.

Auch Pietro Grasso, ehemaliger nationaler Antimafia-Staatsanwalt und Senatspräsident, befürchtet, dass die Mafia vor allem bei der besitzlosen Bevölkerung neues Terrain gewinnen wird. Der Versuch, Supermärkte in Neapel und Palermo zu überfallen, zeigt, dass “vor allem im Süden ein soziales Pulverfass“ lauert, so der Minister des Südens Provenzano: „Die Situation könnte von einem Moment auf den anderen eskalieren“. Berichte von Geheimdiensten warnen angeblich sogar vor denkbaren Revolten. Auch bei diesem Problem, so bemerkt Antonino Di Matteo, Staatsanwalt des Prozesses zur trattativa, könnte die Mafia erheblichen Einfluss nehmen, indem sie die Unzufriedenheit mit der Regierung noch weiter anheizt. Der Antimafia-Staatsanwalt Tartaglia schließlich formuliert seine Besorgnis so: Er sieht in der augenblicklichen Situation ein Unwetter, das die vier perfekten Vorbedingungen für die Geschäfte der Mafia in sich vereint: Geldmangel, ein soziales Pulverfass, die Aussicht auf riesige Geldsummen zur Bewältigung der Krise und die Unterschätzung der Risiken durch die Entscheidungsträger.

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Die Mafien in Zeiten des Corona-Virus II

40 Jahre Kampf gegen die Mafia – zwei Aktivisten im Dialog

Elena Ciccarello, die für das neue Medium der Antimafia-Organisation Libera „lavialibera.libera.it“ arbeitet, hat Letizia Battaglia, die über die Grenzen Italiens hinaus bekannte Mafia-Fotografin, und Leoluca Orlando, der im Augenblick zum fünften Mal Bürgermeister in Palermo ist, gebeten, sich zu einigen Aspekten des Kampfes gegen die Mafia zu äußern….Antimafiaduemila.com

  1. Die achtziger Jahre – der Frühling von Palermo

Letizia Battaglia beschreibt die Anfänge ihrer Beziehung zu Leoluca Orlando, als sie bemerkte, Fotografin zu sein genügte ihr nicht mehr, sie wollte mehr tun. Und auch wenn Orlando zur Democrazia Cristiana gehörte, was ihr überhaupt nicht behagte, so spürte sie eine gewisse Affinität. Er ermunterte sie, für den Stadtrat zu kandidieren. Hier schaltet sich Orlando ein: Das Gesicht der Mafia in den achtziger Jahren war das Gesicht des Bürgermeisters und des Regierungschefs Giulio Andreotti. Deshalb hätten ihn die Mafia-Freunde in seiner Partei, angefangen vom Premier, als Kommunisten bezeichnet, als gottlos, und das nur weil er den Kampf gegen die Mafia für eine Priorität hielt. Letizia erinnert die achtziger Jahre als „die schönste Zeit“ ihres Lebens, denn man konnte endlich etwas tun, man konnte anfangen, die Verhältnisse zu ändern, und was man machte, machte man mit Liebe, was ihr Gesprächspartner bestätigt: Man war sich in Palermo mit der Mehrheit der Bevölkerung einig, was zu tun war, auch wenn die Leute ihre Zustimmung aus Angst nicht offen äußerten.

  1. Die Skandale in der Antimafia

Der Skandal in der sizilianischen Unternehmervereinigung Confindustria, so Orlando, ist ein Fall von Überheblichkeit. Genau die Überheblichkeit, die Leonardo Sciascia schon Jahre zuvor kritisiert hatte, was der Antimafia einen immensen Schaden zugefügt hat (1). Er wisse nicht, was er über solche Leute sagen solle – und er nennt weitere Beispiele – über Leute, die eine Region in Geiselhaft genommen haben, und das im Namen des Kampfes gegen die Mafia! Aber die Skandale seien notwendig gewesen. Sie hätten die Antimafia von der Notwendigkeit befreit, mit berühmten Vertretern für ihre Ziele zu werben. Früher seien sie notwendig gewesen, früher, d.h. in einer Zeit, wo Antimafia-Aktivisten isoliert waren, wo man auf eine Piazza ging, um eine Wahlversammlung abzuhalten – und man stand da ganz allein. Aber die „Bewegung der Leintücher“ (2), die Menschenketten, die Empörung in der Bevölkerung und die Arbeit in den Schulen hätten dazu geführt, dass diese Zeit zu Ende gegangen ist. Wenn sich heute, so Orlando, jemand hinstellt und sagt, ich bin ein wichtiger Vertreter der Antimafia, dann handelt es sich um einen Betrüger.

  1. In Palermo regiert heute nicht mehr die Mafia.

Orlando verweist stolz darauf, dass im Rathaus heute kein Mafioso mehr regiert. Auch wenn das komisch klinge, aber man müsse sich bei der Mafia bedanken: Dank ihr sei das Heer der Blinden, der Tauben, der Stummen richtiggehend dezimiert worden. Die Mafia-Attentate hätten die ganze Stadt gezwungen, besser zu werden. Und Letizia erinnert sich, dass man sich früher nachts in Palermo nicht auf die Straße getraut habe. Jetzt könne jemand einwenden, das sei doch ein unbedeutendes Detail. Sie jedoch finde, das sei eine große Sache: Die Leute hätten sich ein bisschen geändert, und die Leute spürten, dass sich in Palermo etwas geändert hat. Das heiße, jetzt gebe es ein bisschen Ruhe und Frieden in Palermo. Und das sei das Ergebnis eines langen Weges, der sich ganz langsam entwickelt habe. Und es sei möglich geworden, weil einige Personen ihr Leben geopfert haben, weil es Politiker gab, die sich engagiert haben, weil es einen Bürgermeister gab – und sie scherzt: Ich weiß nicht, weshalb er immer noch auf dem Bürgermeisterstuhl sitzt – und ihr fällt ein Beispiel ein, wie Orlando in seinen ersten Jahren als Bürgermeister versucht hat, in die dunklen Straßen der Stadt etwas Leben zu bringen: Er bezahlte Musiker, die vor den dunklen und leeren Restaurants im Zentrum auftreten mussten, um die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zu ziehen. So etwas, so schließt sie, vergisst man nicht. Und Orlando strahlt: Wenn du heute in ein Lokal in Palermo gehst, dann fühlst du dich nicht mehr als ein „insulso sgradito“ – ein unwillkommener Idiot.

  1. Was bedeutet es heute, Antimafioso zu sein?

Orlando antwortet wie aus der Pistole geschossen: „Zu wissen, dass zur Mafia zu gehören keine Vorteile verschafft“ – und Battaglia: „Es bedeutet, seine Pflicht zu tun, hart für das zu arbeiten, was du tust und dabei deinen Enthusiasmus nicht zu verlieren. Wir und viele, viele andere, wir sind glücklich darüber, dass wir uns weiter engagieren können. Diese Arbeit bedeutet Schönheit. Sie ist die Art und Weise, wie wir unsere Schönheit ausdrücken können. Orlando: Für den 16. Dezember 2020 plane er die 2. Konvention von Palermo mit den Vereinten Nationen (3). Der Focus dieser Konferenz liege dann aber nicht mehr auf dem juristischen Aspekt des Problems, sondern auf den Interessen der Zivilgesellschaft. Denn auf Grund der großen Veränderungen in der Welt seit der 1. Antimafia-Konvention von Palermo im Jahre 2000 sei der Aspekt der Zivilgesellschaft viel wichtiger geworden als Probleme im Bereich der Justiz. Mit dieser neuen Antimafia-Konvention wolle man sozusagen das zweite Rad des Sizilianischen Karrens begründen: das erste Rad sei das der Legalität, das zweite das der Rechte.

  1. Mission beendet, aber nicht vollendet

Letizia: Wenn ich an die Jahre des Kampfes denke, kann ich nur sagen: Sie waren wunderbar! Wunderbar, weil kämpfen können ein Luxus ist. Orlando und ich, wir haben diesen Luxus gehabt, und wir haben für Palermo etwas erreicht, was bleibt. Orlando: ich will das zusammenfassen: Wenn ich heute Nacht den Löffel abgebe, dann sterbe ich glücklich. Wir sind diesen langen Weg gegangen, vom Anfang bis heute und wir können sagen: Mission beendet, aber nicht vollendet. Und Letizia bestätigt – nein, sie ist nie vollendet – aber das mit dem Sterben lässt du schön sein!

  1. Sciascia kritisierte 1987 in einem Artikel des Corriere della Sera die Methoden der sog. Profi-Antimafia-Aktivisten und nannte als Beispiele auch Paolo Borsellino und Leoluca Orlando. Dadurch entstand ein großer Schaden für die italienische Antimafia-Bewegung, weil die zahlreichen Kritiker auf die damalige Antimafia-Autorität, L. Sciascia, verweisen konnten.
  2. Die Bewegung der Leintücher gründete sich in Palermo nach den beiden Attentaten auf Giovanni Falcone und Paolo Borsellino.
  3. Die erste Palermo Konvention wurde am 15. November 2000 beschlossen und ist von 147 Nationen unterzeichnet worden.

Ein Leintuch gegen die Mafia: „Die Mafia fürchtet die Schule mehr als die Justiz“

Unternehmer in Kalabrien: Eine Mafia-Erpressung anzuzeigen ist gefährlich

Die Razzia Helianthus gegen den `ndrangheta-Clan Labate, Spitzname Ti mangiu (Ich fress dich), der ein Stadtviertel von Reggio Calabria völlig beherrscht, war nach 8 Jahren Ermittlungen möglich geworden, da zu den Abhörmaßnahmen, zu der Auswertung von Überwachungskameras und zu den Aussagen von Kronzeugen auch Anzeigen von lokalen Bauunternehmern kamen.

Die Staatsanwaltschaft Reggio ordnete Personenschutz für die Unternehmer an, die die Erpressungen durch den Clan angezeigt hatten. In der Pressekonferenz anlässlich der Razzia betonte der Staatsanwalt Giovanni Bombardieri, dass die Unternehmer, die schon jahrelang Opfer des `ndrangheta-Clans seien, jetzt entschlossen seien, einen neuen Schritt zu wagen und die Erpresser anzuzeigen: Diese Leute „müssen wissen, dass wir da sind, dass der Staat auf ihrer Seite ist.“

Im Artikel des fatto quotidiano werden Aussagen aus den Vernehmungen von Unternehmern zitiert, hier zwei Beispiele:

Der Bauunternehmer Francesco Presto weigert sich anfangs, auch nur die kleinste Aussage vor dem Staatsanwalt zu machen, er scheint vollkommen terrorisiert von der Idee, den Namen des `ndrangheta-Bosses Pietro Labate auch nur auszusprechen. „Dottore, wenn ich ihnen sage, dass ich Probleme hatte, dann bin ich morgen tot! Die da sind total verrückt, Dottore, die haben nichts zu verlieren, wissen Sie, da kommen wir nie mehr nach Hause!“ Der Staatsanwalt versucht weiter, ihn davon zu überzeugen, dass er der Staatsanwaltschaft vertrauen könne: „Sie müssen sich wirklich keine Sorgen machen. Unser Interesse ist, dass Sie in Reggio bleiben und dass Sie weiter in Reggio arbeiten!“ Dann, bevor Presto endlich seine Aussage machen will, legt er dem Staatsanwalt noch das Wohl und das Leben seiner Familie ans Herz und beginnt mit Tränen in den Augen seinen Bericht:

Seine Firma wollte in dem vom Clan Labate kontrollierten Viertel von Reggio einen Häuserblock errichten. Unmittelbar nach Einrichtung der Baustelle taucht dort der Boss Pietro Labate in Begleitung eines zweiten Manns auf und eröffnet das Gespräch mit Beschimpfungen und Beleidigungen. „Sie haben mir gesagt, dass ich in ihr Revier eingedrungen sei, ich hätte vorher bei ihnen um Erlaubnis fragen müssen, dass ich keine Ahnung hätte, was sich gehört. Habt Ihr verstanden, was die mir gesagt haben? Wenn jemand arbeiten möchte, muss er erst bei denen um Erlaubnis fragen, habt Ihr das verstanden? So also ist das, ich muss die zuerst um Erlaubnis fragen? Dass die dort verfügbare Arbeit ihnen gehöre, dass die mich nichts angehe, dass sie als erste da waren. Da habe ich ihnen gesagt, Entschuldigung, habe ich euch etwa angeboten für mich zu arbeiten? Da antwortet der: Du, du … du Flegel, halt einfach den Mund, du schuldest uns jetzt 200 000 Euro, egal ob du da mit den Arbeiten weitermachst oder nicht!“

Ein anderer Unternehmer behauptet zunächst, was sein Kompagnon vor dem Staatsanwalt ausgesagt habe, stimme überhaupt nicht: „Die Labate haben nie Geld von uns verlangt.“ Doch nach einer Weile gesteht er, sein Kompagnon habe einmal zu ihm gesagt: „Wenn wir hier was aufziehen, dann sind wir sicherlich bald gezwungen, jemandem einen Kaffee auszugeben.“ Mit dem Kaffee ist natürlich das Schutzgeld gemeint. Und dann gibt er zu „Wir haben den Ti mangiu 20 000 Euro gegeben… Dottore, jetzt habe ich hier was wie einen Knoten… In Wahrheit… Ihre Forderung war noch höher, 30 000 Euro waren das. Seit dieser Zeit zittere ich nur noch. Morgens habe ich Angst, aus dem Haus zu gehen. Bevor ich das Haus verlasse, gehe ich zur Balkontür und schaue mir den Wagen vor dem Haus an, nachts wache ich auf, weil ich gedacht habe: Zu wem kommen die? Zu mir. Dottore, ich sage ihnen ganz ehrlich, mit dem Herz in der Hand, es sind jetzt zwei Monate, dass ich praktisch keine Nacht mehr schlafe.“

Die Ermittlungsakten des Einsatzkommandos in Reggio dokumentieren, wie die Schutzgelderpressung in Reggio funktioniert: In den abgehörten Gesprächen wiederholen sich Sätze wie „Was machst du hier? Was erlaubst du dir? Hier machst du, was ich dir sage. Hier macht keiner was, weder du noch Gott Vater persönlich!“ Ein Staatsanwalt meint: Wenn man in Reggio einen Stein von seinem Platz bewegen oder ein Geschäft eröffnen oder auch nur einen Atemzug machen will, braucht man die Erlaubnis der Labate. Und ein weiterer Bauunternehmer ergänzt: „Eine Baufirma wird sofort erpresst, wenn sie eine Baustelle anlegt. Das ist hier leider übliche Praxis. Es schafft praktisch niemand, einem Erpressungsversuch oder einer wirklichen Erpressung zu entkommen. Die meisten Firmen sind von Vergeltungsmaßnahmen betroffen oder riskieren sogar ihr Leben.“

„Von wegen den Mund halten! Man muss laut schreien!“ (Zitat von Libero Grassi, Unternehmer aus Palermo, der von der sizilianischen Mafia umgebracht wurde, weil er sich weigerte, Schutzgeld zu zahlen)

Ilquotidianoinclasse.corriere.it/il-coraggio-di-non-pagare-il-aeoepizzoae%C2%9D-voi-ce-laeavrestea/il-coraggio-di-non-pagare-il-pizzo-2/

„Geschlossen wegen Schutzgelderpressung“ 

Palermo.gds.it/articoli/cronaca/2018/05/16/soldi-per-le-famiglie-dei-carcerati-due-arresti-a-palermo-ma-i-commercianti-non-confermano-le-accuse-8b54791b-183d-4287-857a-e1a94f776ce7/

Italien: Finger weg von Gratteri!

In der italienischen Öffentlichkeit ist ein Streit um den Staatsanwalt von Catanzaro Nicola Gratteri und die von ihm organisierte Maxi-Operation „Rinascita-Scott“ gegen die `ndrangheta, gegen mit ihr kooperierende Freimaurer, Politiker, Anwälte und Geschäftsleute entbrannt.

„Alle (aber wirklich alle) wollen Gratteri fertigmachen“. So der Titel eines Artikels von Giulio Cavalli, veröffentlicht auf der Internetplattform fanpage.

Darin berichtet der Autor vom Verhalten der italienischen Medien, die wohl „vergessen“ hätten, die Nachricht von diesem Schlag gegen die kalabrische Mafia auf der ersten Seite zu bringen. Von verschiedenen Seiten werfe man Gratteri „Protagonismo“ vor, d.h. er wolle bloß wieder im Mittelpunkt des Interesses stehen. Cavalli berichtet auch über den Post der PD-Politikerin Bossio: „Gratteri verhaftet halb Kalabrien. Gerechtigkeit? – nö, bloß Show“, einen Post, der als Schlagzeile von einer Zeitung übernommen wurde. Und er empört sich über die „Breitseite“, die der Generalstaatsanwalt von Catanzaro Otello Lupacchini auf einem Berlusconi-Kanal (Mediaset TgCom24) seinem Kollegen verpasst hat: In diesem Interview beklagt sich Lupacchini, dass er erst durch die Medien von der Razzia erfahren habe und   behauptet, dass diese Polizei-Operation wie alle Razzien von Gratteri auf juristisch schwachen Beinen stehe und sich sehr bald in Luft auflösen werde.

Aber: Es gibt auch Gegenstimmen:

Unmittelbar nach der Razzia meldet sich der ehemalige Staatsanwalt von Catanzaro Luigi de Magistris, jetzt Bürgermeister von Neapel, zu Wort, der auf der Liste der Beschuldigten verschiedene Namen von Personen entdeckt hat, gegen die er selber im Rahmen von Korruptionsermittlungen gegen Politiker vor vielen Jahren schon ermittelt hat. Ergebnis damals: Dem Staatsanwalt wurden die Fälle weggenommen, er wurde strafversetzt – die Beschuldigten blieben unbehelligt und konnten weitermachen wie bisher.

Die größte Antimafia-Organisation Italiens Libera ruft die Bevölkerung zu einer Kundgebung vor der Kommandozentrale der Carabinieri in Vibo Valentia auf, und tatsächlich wird diese Kundgebung ein Erfolg: Unter den Demonstranten werden nicht nur besonders viele junge Leute ausgemacht, sondern auch die Bürgermeisterin der Stadt Maria Limardi, sowie Bürgermeister und andere Verwaltungsbeamte aus der Region. Das ist für Kalabrien nicht selbstverständlich: In der Vergangenheit waren im italienischen Staatsfernsehen Berichte von Antimafia-Demonstrationen in Kalabrien zu sehen, bei denen der Reporter der RAI allein mit seinem Mikrofon auf einer leergefegten Piazza zu sehen war.

Die Antimafia-Arbeit, die Nicola Gratteri seit Jahren zusammen mit dem Mafia-Experten Antonio Nicaso an den Schulen leistet, scheint jetzt erste Früchte zu tragen: Eine Abordnung von Schülern aus der Provinz Crotone spricht bei den Carabinieri von Vibo Valentia vor, um sich bei Staatsanwaltschaft und Polizei für den Einsatz zu bedanken.

Und nun bin ich in der Situation, dass ich gar nicht alle bei Google aufgelisteten Dankadressen anführen kann und auswählen muss. Auch bei www.antimafiaduemila.com muss ich auswählen: Ich nenne einen der beiden Artikel zum Thema von Saverio Lodato, weil ich bei ihm den Titel entliehen habe: „Finger weg von Gratteri! Hier wird über die Maßen falsch gespielt, und jeder kann es sehen!“

Und auch im höchsten Gremium der italienischen Justiz, dem CSM, regt sich Protest: Von der Richtergruppe Area wird ein Verfahren gegen den Generalstaatsanwalt Lupacchini und seine Versetzung gefordert, weil sein Fernsehauftritt nicht mit seiner Funktion zu vereinbaren sei. Und gegen die PD-Politikerin soll nach der Neujahrspause ebenfalls ein Verfahren „zum Schutz des Staatsanwalts und der Polizei-Operation Rinascita-Scott“ eingeleitet werden.

Die geschilderten Ereignisse bilden das Ergebnis einer Entwicklung ab, die in den ersten Jahren der Berlusconi-Regierungen begonnen hat: Die Einstellung zur Justiz, zu Richtern und Staatsanwälten. Der damalige Regierungschef Berlusconi begann seinen Kampf gegen die Justiz (vor der er ja wirklich Grund hatte, sich zu fürchten) mit der Demontage der pentiti, der Kronzeugen, schaffte verschiedene Gesetze ab, die seine unternehmerische „Freiheit“ einschränkten (zuerst traf das die Bilanzfälschung, die von da an nur noch so geahndet wurde wie ein Verkehrsdelikt) und ließ die Parlamente Gesetze erlassen, die nur seinen persönlichen Interessen dienten, in Italienisch nennt man das „leggi ad personam“, Gesetze, die für eine einzelne Person gemacht werden.

Dass die italienische Justiz reformbedürftig ist, wird wohl kaum jemand bestreiten. Aber die Einstellung, die Justiz stelle im Allgemeinen ein Hindernis für das freie Schalten und Walten der Politik dar, ist wohl kaum mit der Verfassung vereinbar.

Dann wagen es einige Staatsanwaltschaften, nicht nur gegen den „militärischen Flügel“ der Mafia (1) vorzugehen, sondern auch die Verflechtungen mit der Politik, den Behörden, der Unternehmerschaft, jetzt auch mit den Freimaurer-Orden zu durchleuchten, und die Luft für die mutigen Staatsanwälte wird deutlich dünner. Beispiele: die schon erwähnten Ermittlungen unter De Magistris (2), das Verfahren gegen Marcello Dell’Utri, rechte Hand von Berlusconi (3), der Prozess gegen Giulio Andreotti (4) und schließlich der Prozess zur Trattativa, in dem neben Mafiabossen ehemalige Minister und Vertreter der Carabinieri auf der Anklagebank sitzen (5). Hier spielte der damalige Staatspräsident Giorgio Napolitano eine unrühmliche Rolle: Als Staatspräsident war er gleichzeitig Präsident des CSM, des höchsten Justizgremiums in Italien. In dieser Funktion versuchte er, der Staatsanwaltschaft Palermo den Prozess wegzunehmen und leitete ein Dienstverfahren gegen die federführenden Staatsanwälte ein. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war Anfang 2019 ein Korruptionsskandal im CSM (6), bei dem der Versuch unternommen worden war, die Mitglieder dieses Gremiums von Parteipolitikern bestimmen zu lassen.

Wie es weitergeht? Man wird sehen.

  1. Der Ausdruck bezeichnet die Mafiosi, die Attentate organisieren und durchführen, die sozusagen die Drecksarbeit für Auftraggeber aus der Mafia oder aus dem Staat ausführen.
  2. B. die Ermittlung Why not (2007): Gegen De Magistris und den Informatiker Genchi wird deshalb wegen Amtsmissbrauch ermittelt, 2016 werden beide freigesprochen.
  3. Der erste Prozess gegen Dell’Utri beginnt 1997, und endet 2016 nach der Verurteilung in dritter Instanz mit einem europäischen Haftbefehl, auf Grund dessen er vom Libanon an Italien ausgeliefert wird. Dell’Utri wurde 2018 ebenfalls wegen Zusammenarbeit mit der Mafia in erster Instanz des Prozesses zur Trattativa zu 12 Jahren Haft verurteilt.
  4. Interessant ist hier, dass Wikipedia Giulio_Andreotti wiederholt, was in der italienischen Öffentlichkeit ebenfalls ständig wiederholt wird: Dass der Prozess mit einem Freispruch geendet hätte: In Wahrheit bestätigte das Gericht seine Zusammenarbeit mit Cosa Nostra, doch waren die Anklagepunkte zum Zeitpunkt des Urteils verjährt.
  5. Über den Prozess hat w-t-w.org mehrfach berichtet. Im Augenblick wird in Palermo die zweite Instanz verhandelt.
  6. Ilfattoquotidiano.it

„Vor dem Gesetz sind alle gleich“ – „Abgesehen von den Ausnahmen, die von einem Gesetz festgelegt werden“

artemisia-blog

Kalabrien: Bevölkerung solidarisiert sich mit der Staatsanwaltschaft und der Polizei

Die Maxi-Operation der Staatsanwaltschaft Catanzaro gegen die `ndrangheta-Clans von Vibo Valentia in Kalabrien mit dem schönen Namen „Rinascita-Scott“ („Neubeginn“), bei der 3000 Carabinieri zum Einsatz kamen, hat in Italien verschiedene Reaktionen hervorgerufen.

Die Razzia war, so vermutet der verantwortliche Staatsanwalt Nicola Gratteri, aus dem Kreis der ermittelnden Behörden an die Mafia verraten worden, so dass er die Operation um 24 Stunden vorziehen musste. Von den 416 Personen, gegen die ermittelt wurde, darunter Politiker, Rechtsanwälte, Geschäftsleute, Staatsbeamte, Freimaurer und Polizisten, konnten immerhin noch 334 bei der Razzia in verschiedenen Regionen, aber auch in Deutschland, der Schweiz und Bulgarien festgenommen werden. Eine Meisterleistung, die wohl großen Respekt verdient!

Doch die größeren und großen (Corriere, Repubblica, La Stampa) Presseorgane widmeten dem Erfolg der italienischen Justiz, wenn überhaupt, nur eine lapidare Meldung und widmeten sich lieber wichtigeren (???) Themen wie z.B. dem emeritierten Papst Josef Ratzinger (Libero) oder dem Verschwinden der offiziellen Weihnachtseinladungen für die Belegschaften in der Wirtschaft (Il giornale). Eine genaue Analyse des Vorgehens der verschiedenen Presseorgane findet sich hier: Strill.it

Ausnahmen von der traurigen Regel sind wie immer il fatto quotidiano, antimafiaduemila und dieses Mal auch andere, regionale Presseorgane.

Zitiert werden soll auch der Riformista, der es offenbar besser weiß: „Gratteri verhaftet halb Kalabrien. Gerechtigkeit? – Nö, bloß Show“ titelt er. Den identischen Text hatte Enza Bruno Bossio, Abgeordnete des PD (Sozialdemokraten), schon vorher in den sozialen Medien gepostet. Für sie sind politische Intrigen gegen ihre Partei der wahre Grund für die gigantische Razzia. Übrigens: Ihr Ehemann ging den Fahndern bei der Razzia ebenfalls ins Netz: Er soll für 50 000 Euro ein Gerichtsurteil „in Ordnung gebracht“ haben.

Im PD geht man jetzt zu ihr und ihren Thesen auf Distanz, auch der Außenminister Di Maio verteidigt in einem Interview Gratteris Leistung, und was passiert in Vibo Valentia?

Libera, die größte italienische Antimafia-Organisation, hat zu einer Demonstration aufgerufen, und Tausende kamen, um sich mit ihrem Applaus bei der Staatsanwaltschaft und den Carabinieri für ihren Einsatz gegen die Mafia zu bedanken.

Logo von Libera – #auchichbinStaat

Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der Europäischen Union

Symposium der Kripo-Akademie des BDK, 23/24. Oktober 2019, Bergisch Gladbach, Leitung: Sebastian Fiedler /
BDK | Maßnahmen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in der Europäischen Union / Seminarprogramm-Geldwäsche

Aus meinen Notizen zu einigen, subjektiv ausgewählten Vorträgen (des ersten Tages)

Persönliche Anmerkungen: Kursivdruck, wichtige Aussagen der Referenten: Fettdruck

  1. Neue Wege der Justiz beim Kampf gegen OK – von Italien lernen?

Referent: Peter Biesenbach, MdL, Minister der Justiz des Landes NRW

„Von Italien lernen“ – für die meisten Deutschen ist diese Vorstellung eine Provokation, weil man doch zu wissen glaubt, dass in Italien nichts funktioniert. Er aber sieht darin keine Provokation, denn bei der Mafia-Gesetzgebung und – Bekämpfung ist Italien Vorbild; aus Respekt vor dem Thema habe er beschlossen, den ganzen Tag am Kongress teilzunehmen.

Historischer Überblick über Italiens Kampf gegen die Mafia. Der Minister zitiert am Ende Europol 2019: Die Mafiagruppen stellen die größte Gefahr für Europa dar. Daten des BKA – Mafia-Verfahren gibt es in D. höchst selten, da Mafia-Hintergrund von Straftaten meist nicht erkannt wird. Er zitiert Roberto Scarpinato, Interview der SZ von 2010: Worauf gründet der Erfolg der Mafien? Auf finanzielles Gewinnstreben folgt Einflussnahme in der Wirtschaft, dann Einflussnahme in der Politik. Süddeutsche.de

Vergleich italienische und deutsche Gesetzgebung: Clan-Kriminalität in NRW ist ein großes Problem; in Essen zweitgrößte Comunity von kriminellen Clans. Durch jahrelange Missachtung des Phänomens entwickelt sich in der Bevölkerung eine Ablehnung des Rechtsstaates, aber, so Biesenbach: „Wir Politiker in der EU sind zum Handeln verpflichtet“.

Italienische Gesetzgebung, v.a.§ 416 bis, der die Zugehörigkeit zur Mafia unter Strafe stellt. Der dt. §73a („Erweiterte Einziehung von Taterträgen“) wurde 2017 reformiert – Reicht das vorhandene Gesetz nicht aus? Der it. § 416 bis sieht Strafen nicht unter 10 Jahren vor – dt. Gesetz: Höchststrafe 5 Jahre. Der entscheidende Unterschied jedoch ist, dass der italienische Ansatz strukturbezogen ist, während der deutsche Ansatz (§129, Bildung einer kriminellen Vereinigung) einzelfallbezogen ist, und so sind in D weniger als 10 Personen auf Grund dieses Gesetzesparagraphen verurteilt worden! – Hier müsse man dem italienischen Vorbild folgen, dies bedeute jedoch eine Änderung in der Ermittlungskultur (übrigens: auch KHK Wolfgang Rahm vom LKA Stuttgart beklagt seit Jahren, dass Polizei-Ermittlungen in D immer delikt- und nicht strukturbezogen sind). „Wenn man Mafia wirklich schädigen will, muss man die Struktur angreifen!“ Beispiel aus Italien: Selbst die Festnahme Totò Riinas (der Boss der Bosse) hat der Organisation keinen Schaden zugefügt, jeder festgenommene Boss kann durch andere ersetzt werden, (Riina wurde von Provenzano ersetzt)… Deshalb muss Deutschland eine Änderung der Ermittlungskultur vornehmen.

Gesetz zur Geldabschöpfung: wird häufig als „Beweislastumkehr“ zitiert: Das heißt, der Beklagte muss beweisen, woher das Geld stammt, mit dem er Güter erworben oder Geld investiert hat. In Italien wird dies nicht nur repressiv, sondern auch präventiv gehandhabt. Es genügt ein Missverhältnis zwischen Besitz und deklariertem Einkommen, dann kann der Besitz präventiv eingezogen werden. – In D: die Gesetzesreform von 2017 zur Geldabschöpfung gibt den dt. Richtern neue Möglichkeiten zur Beschlagnahme, allerdings „ist der Anwendungsbereich bei uns noch sehr eingeschränkt“. Hier müsse man neue Wege gehen.

Prozessmaxime in D.: Untersuchungsgrundsatz (verpflichtet die Strafverfolgungsorgane zur Untersuchung eines Straftatbestands von Amts wegen – in I: Verfügungsgrundsatz (d.h., wenn ich es recht verstanden habe, dass die Staatsanwaltschaft Herrin des Verfahrens ist und Maßnahmen, z.B. Abhörmaßnahmen, verfügen kann – welche Bedeutung dieser Unterschied hat, ist mir leider nicht klar.)

Man müsse weg von der Schuldfeststellung zur Ermittlung der Vermögensentwicklung (ist mir ebenfalls nicht klar)

Beispiel Cum-Ex-Prozess in Bonn: Er hat die Zahl der Ermittler massiv aufgestockt und IT-Leute eingestellt, die mit Künstlicher Intelligenz die Datenflut bewältigen können. Er sei entschlossen, wenn eine weitere Zahl von Ermittlern notwendig werde, diese auch einzustellen.

  1. Mafiabekämpfung in der EU heute und morgen – ein Kampf gegen global agierende, kriminelle Konzerne

Referent: Dr. Roberto Scarpinato, Generalstaatsanwalt im Antimafia-Pool der Staatsanwaltschaft Palermo; seit 1989 im Bereich Antimafia tätig, seit 2006 spezialisiert auf Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche

Vergleich der Beschlagnahmen in Deutschland und Italien: Allein in Palermo wurden seit 2006 3,5 Mrd. € konfisziert.

Nicht-italienische Zuhörer glauben, ihr eigenes Land sei unangreifbar wegen einer traditionell moralischen Prägung der Gesellschaft und der Institutionen. Er vergleicht die Situation in D mit der in Norditalien: Aber die Prozesse der vergangenen Jahre in Nord-Italien haben bewiesen, dass sich die Mafien auch im Norden fest installiert haben, obwohl man im „sauberen Norden“ davon ausgegangen war, dass man immun sei gegen Mafia-Einflüsse: Aber: Außer Mafiosi aus Süditalien wurden Politiker, Unternehmer, Steuerberater, Anwälte usw. verurteilt. Es entstand eine öffentliche Diskussion: Wie war das bloß möglich? Antwort: Die Mafien haben im Norden ihren modus operandi geändert: Gewaltanwendung wurde auf ein Minimum reduziert, dafür wurden Geschäftsbeziehungen aufgebaut. Dieses Vorgehen hat ein „anthropologisches Desaster“ ausgelöst, d.h. die Leute haben ihre traditionellen Werte aufgegeben.

Häufig wird diese neue Generation der Mafia als colletti bianchi bezeichnet, er bezeichnet sie lieber als „mafia mercatista“ = Unternehmer-Mafia, Mafia als Geschäftsmodell.

Für ihn sei Italien ein internationales Laboratorium, in dem mit besonderen Ermittlungsmethoden das Vorgehen gegen die neuen Mafien erprobt wird, und das sei notwendig, denn die Zahl der kriminellen Gruppen in Europa nimmt rapide zu: Europolbericht 2013: 3600 Gruppen, 2018: 5000 Gruppen.

Historischer Exkurs – Inzwischen gibt es weltweit Millionen „normaler“ Bürger, die die Nachfrage von illegalen Leistungen kreieren: z.B. im Drogenhandel (Studie eines Pharmakonzerns 2019, die auf der Analyse der Abwässer basiert: Beim Konsum von Metamphetaminen liegt Erfurt auf dem 1. Platz, Chemnitz und Leipzig auf Platz 2 und 3 – Konsum verschiedener Drogen: Platz 1 Saarbrücken, Dortmund und Berlin belegen Platz 2 und 3). Der Drogenhandel ist im Moment eines der drei erfolgreichsten Geschäftsmodelle der Mafia.

Zweites und drittes Geschäftsmodell sind das Glücksspiel online (von 2007-17 hat sich der Umsatz vervierfacht. Ermittlungen sehr schwierig, da Betriebe und Server im Ausland angesiedelt, z.B. Phoenix Ltd. Malta – mit 700 Wettbüros) und die Prostitution (früher Gebiet von Kleinkriminellen, von Frauen, heute in der Hand der OK, dazu gehört vor allem auch der Bereich Menschenhandel zum Zweck der Prostitution)

Erfolg der Mafia erklärt sich auch durch Nachfrage aus der legalen Wirtschaft, z.B. Beseitigung von Sondermüll, Ausstellung falscher Rechnungen, aus dem Gewinn wird ein Fond gegründet für Korruption, Beispiel: Vent Capo Rizzuto (Kalabrien) The Windpower.net, geführt von dt. Unternehmer

Geldwäsche-Ermittlungen (z.B. gegen Deutsche Bank) haben folgende Hitliste ergeben:
1. Platz Großbritannien, 2. Frankreich, 3. Deutschland

Inzwischen sind in Europa länderübergreifende Ermittlungseinheiten installiert worden (allein 2018 20 solcher Einheiten), ein Beispiel: Die länderübergreifende Polizeioperation Pollino vom Dezember 2018 mit 90 Festnahmen ist Ergebnis einer solchen Ermittlungseinheit. Diese Sondereinheiten werden von Eurojust unterstützt.

Scarpinatos Kritik an der dt. Gesetzesnovelle von 2017: Das Höchststrafmaß von 5 Jahren ist für Mafiosi lächerlich, das sitzen sie mit links ab. (Totò Riina hat einmal gesagt: zum Mafioso-Sein gehört es, dass man 5 oder 6 Jahre im Knast absitzt)

Warum kann Italien so viele Ermittlungserfolge vorweisen? 90% der italienischen Ermittlungen sind erfolgreich wegen der Abhörmaßnahmen. Wenn sich Verdachtsmomente auf Zugehörigkeit zur Mafia ergeben, kann der Staatsanwalt Abhörmaßnahmen anordnen; dann bilden sich zwei Gruppen von Staatsanwälten heraus: Diejenigen, deren Ziel die Festnahme des Mafioso ist, und die anderen, die sich auf die Beschlagnahmung des Kapitals konzentrieren. – In Deutschland Abhören nur bei „Gefahr im Verzug“, aber inzwischen auch bei Ermittlungen wegen Geldwäsche erlaubt. Der italienische Gesetzgeber macht einen Unterschied zwischen der sog. „normalen“ Abhörmaßnahme – dort wird die Privatsphäre des Bürgers geschützt; bei schweren Verbrechen (Mafia, Terrorismus, Pädophilie) sind alle möglichen Abhörmaßnahmen erlaubt. Hinweis Scarpinato: Transcrime.it

  1. Live-Präsentation: Analyse von internationalen Unternehmensstrukturen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

 

Referent: Dominik Kampmann, Bureau van Dijk – A Moody’s Analytics Company

Das Bureau van Dijk (soll laut Kongressteilnehmern so teuer sein, dass sich Behörden dessen Dienste nicht leisten können) stellt sich vor: Zusammenarbeit mit Polizei + Europ. Kommission und Parlament; ermittelt im Wirtschaftsbereich, wer versteckt sich hinter wem. Man nützt das Rechercheportal Orbis, das Personen- und Unternehmensnetzwerke recherchieren kann. Steht im Dienste von Falcones Leitsatz: Folge der Spur des Geldes, und du findest die Mafia!

  1. Über zwei Jahre neue FIU – ein Zwischenbericht

Referent: Kriminaloberrat Dr. Steffen Barreto Da Rosa – vom LKA Bayern, Mitverfasser des Standardgesetzeskommentars von Herzog zum neuen Geldwäschegesetz.

Die von Wolfgang Schäuble gewollte FIU (Financial Intelligence Unit) ist keine Strafverfolgungs-, sondern eine administrative Behörde.

Er belegt mit mehreren Zitaten, dass die Behörde mit falschen Zahlen arbeitet.

Die Zahl der unbearbeiteten Verdachtsmeldungen liegt aktuell bei 50 000. Da die Behörde keinen Zugriff auf erforderliche Polizeidateien der Bundesländer hat, kann sie die von Schäuble gepriesene Filterfunktion (wertvolle von wertlosen Verdachtsmeldungen filtern) nicht im mindesten erfüllen. Weiterleitung an Ermittlungsbehörden sehr erschwert durch computertechnische Probleme. (Kommentar einer Kursteilnehmerin, die im Geldwäschebereich in einer Behörde tätig ist: „Vorher habe ich meine Verdachtsmeldungen gleich ans LKA und ans BKA geschickt, und die haben sofort angefangen zu ermitteln, jetzt muss ich mich zuerst durchfragen, an welches Bundesland ich eigentlich meine Meldung schicken muss“)

Zur Qualität der Analyseberichte: Er zeigt wieder ein Zitat aus einem Pressebericht, der die sehr schlechte Qualität der Analyseberichte thematisiert.

Die in § 40 des Geldwäschegesetzes genannten Sofortmaßnahmen wurden in 2018 lediglich 13 Mal umgesetzt. Die geforderten Rückmeldungen an die Meldenden funktionieren nicht.

Sein Fazit über die Arbeit dieser Behörde: „mangelhaft“. Seiner Meinung nach (ich habe im Anschluss gefragt, ob seine Meinung eine Einzelmeinung sei, – nein, wird praktisch von allen Experten so gesehen) ist die Konzeption der Behörde „völlig verfehlt. (…) So wird es nicht gelingen, die FIU arbeitsfähig zu machen.“

Von diesem Bericht war ich in zweifacher Hinsicht erschüttert: positiv erschüttert, dass ein Staatsbeamter so deutliche Worte (und Beweise) für das Totalversagen einer staatlichen Behörde findet, total erschüttert von dem inkompetenten Vorgehen der Politik, von der Unverschämtheit, Zahlen zu fälschen, damit das Versagen nicht so offensichtlich wird, von dem mangelnden Willen, beim Auftreten eines gravierenden Fehlers diesen zuzugeben und Abhilfe zu schaffen. Ich habe Barreto Da Rosa gefragt, weshalb bisher nicht erkennbar sei, dass man die Behörde zum Funktionieren bringen wolle – leider mischte sich kurz darauf jemand in das Gespräch ein, das dann wieder in die Details der Verdachtsmeldungen abglitt. 3 Teilnehmer, von mir befragt, meinten alle, es sei ein Image-Problem der CDU bzw. der Groko. Ich selber habe mich bei dem Gedanken überrascht, dass von Anfang an nicht gewollt war, dass die Bekämpfung der Geldwäsche überhaupt stattfindet.

Handelsblatt.com
Spiegel.de
BR.de/
Handelsblatt.com
BR.de
BR.de/
Tagesschau.de

und als kleine humorige Ergänzung: Banking News vom 19.03.2018

  1. Geldwäsche bei Immobilien in Deutschland, eine Studie von Transparency International Deutschland

Referent: Markus Henn:

Kernaussage der Studie: 15-30% der kriminellen Erlöse wandern in den Immobiliensektor

Jährliche kriminelle Erträge sind schwer zu schätzen: Studie der Universität Trento: 17,6 Mrd. – FATF (Financial Action Task Force) 57 Mrd. (in dieser Zahl allerdings Unternehmenssteuer enthalten) Bafin.de

Prof. Unger von der Universität Utrecht nennt in seiner Studie von 2013 3 Ziele für Geldwäsche durch Immobilien: 1. Zur direkten Einspeisung in die legale Wirtschaft z.B. durch Barzahlung beim Erwerb einer Immobilie 2. Zur Verschleierung (z.B. durch sofortigen Wiederverkauf) 3. Zur Integration (als dauerhafte Wertanlage)

Meist erfolgt der Erwerb einer Immobilie anonym, OK hat Agenturen gegründet, die Immobilienkauf zur Geldwäsche professionell organisieren und daran wieder verdienen. Nimmt man alle Schätzungen zusammen, muss man von einer zweistelligen Mrd.zahl ausgehen, vgl. Bussmann, Geldwäscheprävention im Markt 2018 – Univ. Halle/Wittenberg, der Verdachtsmomente bei Maklern auswertet. Gar nichts weiß man, wenn Gesellschaften oder Fonds oder sogar nur Anteile von Fonds als Käufer auftreten.

Desiderate: bei Notaren existiert keine zentrale Datenbank, in der Personen gespeichert wären, gegen die ermittelt wurde; es existiert kein Transparenzregister, wie es in Großbritannien und Dänemark für jedermann im Netz zu benutzen ist.

Von Prof. Bussmann (s.o.) sei eine weitere Studie zur Geldwäsche kurz vor ihrem Abschluss (offensichtlich hält Henn diesen Prof. für einen ausgezeichneten Experten)

Gesamteindruck Klose (Ich war auf dem Kongress als Vertreterin des Organisationsteams des Antimafia-Projekts „Gelebte Zivilcourage – am Beispiel der Antimafiabewegung in Italien“ – (Seminar für Lehrerbildung und Regierungspräsidium Stuttgart).

Gelungener Kongress, denn die Beiträge waren thematisch vielfältig, die Referenten gut vorbereitet und kompetent, das Publikum rekrutierte sich aus verschiedenen Bereichen. Ich fand es nur sehr schade, dass der Beitrag zur Rolle der Zivilgesellschaft weggefallen ist. Dass der Justizminister von NRW von Worten zu Taten schreitet, hat mir gefallen, – bei einer Bundespolitik, die sich zu Taten nicht entschließen kann. Wünschenswert fände ich auch den Kontakt zu Bildungsministerien, damit ältere Schüler über OK und Wirtschaftskriminalität aufgeklärt werden. Meine Erfahrungen in Baden-Württemberg sind ziemlich entmutigend: Abteilungsleiter im Kultusministerium: Mafia/Antimafia, das interessiert doch niemanden! Auskunft vom Redakteur des Landesamtes für politische Bildung Stuttgart: Ich habe mich umgehört – es besteht unter den Kollegen der Fächer Politik, Geschichte, Wirtschaft, Ethik kein Interesse (am Thema). Es kann doch nicht sein, dass nur das (kleine) Fremdsprachenfach Italienisch sich mit diesem Problem befasst?

Motivierend und interessant waren für mich auch die Gespräche mit Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus Bereichen, an die ich beim Thema Geldwäsche bisher gar nicht gedacht hatte. Eine Teilnehmerin verabschiedete sich ausdrücklich von mir und bedankte sich für unser Gespräch, denn sie habe sich danach nicht mehr so alleingelassen gefühlt. Ich könnte mir vorstellen, dass das Gefühl, alleingelassen zu sein, von zahlreichen Teilnehmern und Teilnehmerinnen geteilt wird. Auch mir geht es so: Sobald ich über unsere festen Kooperationspartner hinaus (Regierungspräsidium, LKA, Stadtbibliothek, Kollegen an den Schulen) z.B. mit Behörden zu tun habe, stoße ich auf Desinteresse oder völlige Ignoranz. Fast noch schlimmer ist zu beobachten, mit welcher Sturheit in der Politik und in weiten Teilen der Gesellschaft das Problem ignoriert oder geleugnet wird. Deshalb erfüllte der Kongress der Akademie des bdk auch in diesem Sinne eine wichtige Funktion. Dank an Sebastian Fiedler!

Berlusconi schweigt

In Palermo finden zur Zeit die Gerichtsverhandlungen der zweiten Instanz des Prozesses „zur Trattativa“ statt.

Im Urteil der ersten Instanz vom August 2018 wurde „die rechte Hand von Berlusconi“, Marcello Dell’Utri, der schon in letzter Instanz (2014) wegen Beihilfe zur Mafia verurteilt ist und die entsprechende Gefängnisstrafe absitzt, nun erneut zu 12 Jahren Haft für seine Beteiligung an den Verhandlungen zwischen italienischem Staat und Mafia verurteilt.

Dell’Utris Anwälte haben das Gericht aufgefordert, Silvio Berlusconi im jetzigen Verfahren als Zeugen vernehmen zu können.

Zwar geben die Richter der ersten Instanz in ihren „Urteilsbegründungen“ zu, dass es keinen direkten Beweis dafür gebe, dass Dell’Utri die Drohung der Cosa Nostra an B. weitergeleitet habe, „denn nur die beiden kennen den Inhalt ihrer Gespräche, die sie geführt haben, aber es gibt logisch-sachliche Gründe, die keinen Zweifel daran lassen, dass Dell’Utri B. alles berichtet hat, was sich von Mal zu Mal aus seinen Beziehungen zur kriminellen Organisation Cosa Nostra (…) ergeben hat.“

Außerdem betont das Gericht, dass die Vermittlerfunktion Dell’Utris zwischen Cosa Nostra und B. sich nicht nur auf die Zeit beschränkte, in der B. Unternehmer war, sondern „ohne Unterbrechung weiterging“, auch als B. zum Politiker und Regierungschef wurde. Außerdem sei Dell’Utri der Garant dafür gewesen, dass die beträchtlichen Zahlungen, die B. regelmäßig an die Adresse der Cosa Nostra gerichtet hatte, auch weiterhin flossen.

Die Überlegung der Anwälte Dell’Utris dürfte gewesen sein, wenn B. vor dem Gericht behauptet, dass es eine Erpressung des Regierungschefs B. nie gegeben habe, wie er es bei einer Pressekonferenz nach der Urteilsverkündigung im August letzten Jahres getan hat, dann könnte dies die Situation Dell’Utris im Prozess enorm verbessern.

Aber was passiert? B., dem es bisher stets gelungen ist, wegen wichtiger Geschäfte (dieses Mal als Europa-Abgeordneter), sein Erscheinen in dem symbolträchtigen Gerichtssaal, der „Aula Bunker dell‘ Ucciardone“ von Palermo, zu verhindern (1), verbietet Aufnahmen, setzt sich, verkündet, dass er von der Möglichkeit, nichts zu sagen, Gebrauch machen wird – und entschwindet (2). Die Anwälte versuchen noch, das Gericht von der Notwendigkeit zu überzeugen, die o.g. Pressekonferenz im Gerichtssaal vorzuführen, aber vergebens. Das Gericht ist der Meinung, die Aula Bunker sei ein Gerichtssaal und kein Fernsehstudio, und außerdem seien die Aufnahmen schon zu den Gerichtsakten genommen worden, so dass keine Notwendigkeit bestehe, sie während der Verhandlung anzusehen – und das war’s dann!

Hinzuzufügen ist, dass B. die Möglichkeit hatte, nichts zu sagen, da er nicht als Zeuge geladen war. In diesem Fall hätte er aussagen und die Wahrheit sagen müssen. Da man aber in Florenz in einem Verfahren, das mit dem Prozess von Palermo zusammenhängt, gegen ihn ermittelt (3), hatte er die Möglichkeit zu schweigen, was er übrigens in Dell’Utris erstem Verfahren wegen Zusammenarbeit mit der Cosa Nostra schon einmal getan hat.

Deshalb gibt es jetzt mehrere Leute, die hoffen, dass Dell’Utri zutiefst enttäuscht ist über den zweiten Treuebruch seines angeblich so guten Freundes Berlusconi – und seinerseits anfängt zu reden. Das wäre dann der von der italienischen Antimafia so ersehnte Kronzeuge von Staats wegen. Allerdings hat auch der Mafiaboss Vittorio Mangano, der in B.s Villa, angeblich als Stallmeister, beschäftigt war, bis zu seinem Ende geschwiegen und sich mit einem Grabstein zufriedengegeben, auf dem sein Schweigen als große Tugend gelobt wird: „Er weigerte sich, seine Würde gegen die Freiheit einzutauschen.“ Vielleicht ist ja auch Dell’Utri den Gesetzen der Cosa Nostra treu bis in den Tod?…Antimafiaduemila.com

  1. Der Gerichtssaal im Keller des Gefängnisses Ucciardone von Palermo wurde eigens für den sog. Maxiprozess gebaut, in dem 475 Mafiosi angeklagt waren, von denen die meisten 1992 auch tatsächlich verurteilt wurden – zum ersten Mal in der italienischen Justizgeschichte!
  2. Wer sich B.s Auftritt ansehen möchte, wobei nur Schuhe und Hosenbeine zu sehen sind:
  3. In Florenz wird gegen B. wegen der „gesamten Attentats-Strategie der Cosa Nostra“, wegen der drei Attentate in Mailand, Florenz und Rom (1993), wegen des missglückten Attentats auf das Olympiastadion (1994), wegen des missglückten Attentats auf den Fernsehmoderator Maurizio Costanzo (1993) ermittelt – und das sind nur die wichtigsten Anklagepunkte! Nachdem das Verfahren wegen dieser Anklagepunkte schon zweimal eingestellt worden war, haben in jüngster Vergangenheit abgehörte Aussagen eines hochrangigen Mafiabosses (Giuseppe Graviano) zu einer Neuaufnahme des Verfahrens geführt.

„Echte Rache: Ich werde nicht im Knast enden“ #freesilvio

Der europäische Gerichtshof für die Rechte von Mafiabossen

Diesen Titel wählt der italienische Mafiaexperte, Journalist und Herausgeber der Zeitung Antimafiaduemila Giorgio Bongiovanni für seinen Bericht über ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Geklagt hat ein Boss der `ndrangheta, Marcello Viola. Er sitzt im Gefängnis wegen mehrfachen Mordes, wegen Beseitigung einer Leiche, wegen Entführung und illegalem Waffenbesitz. Insgesamt vier Mal lebenslänglich haben die Gerichte verhängt. Einer der Morde ist wegen der besonderen Grausamkeit erwähnenswert: 1991, am sog. „Schwarzen Freitag“, wurden in Taurianova (Kalabrien) innerhalb weniger Stunden vier Personen getötet, und eines der Opfer, Giuseppe Grimaldi, wurde von dem Killerkommando geköpft. Anschließend wurde der abgeschlagene Kopf auf der Piazza als Ziel eines Schießstandes zum Abschuss für alle freigegeben. Noch am gleichen Tag versuchte Viola, die ganze Familie Grimaldi auszulöschen: Mit zwei anderen Männern brach er ins Haus der Familie ein und versuchte, den Sohn und die anderen Verwandten zu entführen, was glücklicherweise nicht gelang. Deshalb sitzt er jetzt im Gefängnis, wobei ihm Vergünstigungen versagt werden, weil er bisher jede Art von Zusammenarbeit mit der Justiz verweigert hat. Allerdings konnte er im Gefängnis Hochschulabschlüsse in Biologie, Medizin und Chirurgie machen und folgt aktuell einem Studiengang in Betriebswirtschaft. Nun haben sich seine Anwälte an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gewandt und gegen die Verhängung der Urteile zu lebenslänglicher Haft geklagt – und am 13.6.2019 Recht bekommen. Der EGMR stellt fest, dass das italienische Gesetz zum „ergastolo ostativo“ (lebenslängliche Haftstrafe ohne die Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung) Artikel 3 der Europäischen Konvention zu den Menschenrechten verletze, die Folter, unmenschliche und herabwürdigende Strafen, und das Fehlen einer Möglichkeit zur Resozialisierung untersage.

Italien hat daraufhin Widerspruch eingelegt und argumentierte mit der invasiven Präsenz der Mafia-Organisationen auf italienischem Gebiet. Auch wenn im Art. 4bis der italienischen Strafvollzugsordnung festgelegt sei, dass Haftvergünstigungen (Preise, Arbeit außerhalb des Gefängnisses, Alternativen zur Haft, doch nicht die vorzeitige Entlassung) dem Häftling im verschärften Strafvollzug nur zugestanden werden, wenn er mit der Justiz zusammenarbeitet, so dass evident werde, dass seine Beziehungen zur OK unterbrochen seien, so sei trotzdem im gleichen Artikel festgelegt, dass die Vergünstigungen auch dann möglich sind, wenn seine Zusammenarbeit mit der Justiz für Ermittlungen „objektiv irrelevant“ sei. Die einzige conditio sine qua non sei, wenn der Häftling auch im Gefängnis noch Verbindung zur OK habe. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Behörden sind sich sicher, dass Viola für seinen Clan immer noch die Rolle des Bosses innehat.

Und wie argumentiert Straßburg?

Ein Staat könne nicht lebenslänglich ohne die Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung verhängen, nur weil der Häftling nicht zur Zusammenarbeit mit der Justiz bereit sei. Die Verweigerung einer Zusammenarbeit bedeute, „nicht notwendigerweise“, dass der Verurteilte seine Taten nicht bereut habe und immer noch in Kontakt mit seiner kriminellen Organisation stehe, was ja tatsächlich eine Gefahr für die Gesellschaft bedeutet. Die Weigerung könne auch andere Gründe haben, z.B. die Angst um das eigene Leben oder das seiner Angehörigen. Also, so die Richter von Straßburg, sei eine Entscheidung für die Zusammenarbeit mit der Justiz nie ganz freiwillig. Und Italien wird aufgefordert, das entsprechende Gesetz zu ändern.

Die Mafiabosse und ihre Anwälte jubilieren!

Und die Stellungnahmen italienischer Experten?

Zitiert werden im Artikel von Antimafiaduemila nur zwei Stellungnahmen (des ehemaligen Staatsanwalts Gherardo Colombo und des Ex-Senators Luigi Manconi), die den „ergastolo ostativo“ für nicht mit der italienischen Verfassung vereinbar halten. Die überwältigende Mehrheit derer, die sich zu Wort melden, sind jedoch gegenteiliger Meinung und über den Richterspruch empört oder entsetzt:

Stellvertretend für die vielen Experten (Antimafia-Richter, Politiker, Journalisten, Vertreter der Mafia-Opfer) hier nur die Stellungnahme von Nicola Morra, dem Präsidenten der Parlamentarischen Antimafia-Kommission: Das Urteil bedeute auch „eine Beleidigung für Generationen von Sizilianern, Italienern, Richtern und Kriminalbeamten, die zur Verteidigung des Staates gehandelt haben und deshalb in abscheulichen Attentaten von der Mafia eliminiert wurden. (…) Der Staat bekämpft den Einsatz von Sprengstoff, indem er mit Margeriten wirft.“

Von Alfonso Bonafede, Justizminister: Er sieht auch den Artikel 41 bis in Gefahr (Haft zu verschärften Bedingungen)

Und von Roberto Scarpinato,dem leitenden Antimafia-Staatsanwalt von Palermo: Er meint, den ergastolo ostativo abzuschaffen, bedeute, den Kampf gegen die OK aufzugeben. (…)

Zu behaupten, dass die Gefangenen keine freie Wahl hätten, ob sie mit der Justiz zusammenarbeiten wollten oder nicht, weil sie sich damit der Gefahr für Leib und Leben aussetzten, sei gleichbedeutend mit der Behauptung, der italienische Staat hätte bewiesen, dass er nicht in der Lage sei, das Leben der Kronzeugen und ihrer Angehörigen zu schützen, während die Realität der letzten Jahrzehnte eindeutig das Gegenteil beweist, nämlich dass der italienische Staat sehr wohl in der Lage war und ist, das Leben von Hunderten von Kronzeugen und ihrer Familien dadurch zu schützen, dass man sie mit einer neuen Identität an anderen Orten untergebracht und ihnen die Möglichkeit eröffnet habe, ein neues Leben zu beginnen.

Indem das Gericht den Häftlingen das Recht zuspricht, nicht mit der Justiz zusammenzuarbeiten, weil sie sich damit der Rache der Mafia aussetzten, vermittle es damit eine äußerst negative Boschaft: Man könne kein Vertrauen haben in den Staat, dass er in der Lage sei, das Gesetz gegen die Übermacht der Mafia durchzusetzen. Damit sei auch gesagt, dass die Mafia mächtiger sei als das Gesetz. (…)

Noch paradoxer sei das Argument der Straßburger Richter, das italienische Gesetz (…) verletze das Recht des Gefangenen auf Selbstbestimmung und seine Würde. Scarpinato zitiert den Richter Wojtyczek, der als einziger gegen den Straßburger Richterspruch gestimmt und das o.g. Argument schlichtweg „rätselhaft“ genannt hat. Dieser Richter kritisiert das Urteil, da das Gericht damit seine Kompetenzen überschritten habe, indem es sich an die Stelle des italienischen Gesetzgebers setze und eine politisch alternative Gesetzgebung fordere, die dem Recht des Gefangenen selbst zu bestimmen, wie er seine Resozialisierung gestalten wolle, mehr Gewicht gebe als dem Schutz der Kollektivität. (…)

Die Abschaffung des ergastolo ostativo nähme dem Staat ausgerechnet das Instrument, das die Mafiosi wirklich fürchten: Lebenslange Haft, was für sie bedeute, ihre Macht zu verlieren und ihre angehäuften Reichtümer nicht mehr genießen zu können. Aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung könne er sagen, dass Mafiabosse auch nach 30 Jahren Haft sofort wieder in die Aktivitäten der Mafia Eingang fänden. Mafia-Häftlinge seien außerdem stets mustergültige Gefangene, die dadurch nach dem italienischen Gesetz eine Reduktion ihrer Strafe erführen: Für jedes Jahr ihrer Haft mit guter Führung erhielten sie drei Monate angerechnet. Eine 10jährige Haftstrafe reduziere sich so auf achteinhalb Jahre und zwanzig Jahre auf fünfzehn. Gebe der Gefangene dann noch ein formelle Erklärung ab, mit seiner Vergangenheit als Mafioso gebrochen zu haben, sei klar, wie schwierig eine Entscheidung über Hafterleichterungen für den zuständigen Richter würde. Geht die Erklärung, sich von Cosa Nostra zu distanzieren auf eine gelungene Resozialisierung, auf eine tatsächliche Änderung der Lebenseinstellung des Gefangenen zurück oder ist sie das Ergebnis einer geschickten Strategie der Verschleierung? Entdecke man dies erst nach der Haftentlassung, riskiere man damit das Leben weiterer Opfer und die Glaubwürdigkeit des Staates im Kampf gegen Mafia-Verbrechen. Ein Problem, das der italienische Gesetzgeber vermeiden wollte, indem er den Zugang zu Hafterleichterungen der Zusammenarbeit mit der Justiz untergeordnet habe, womit er ein Gleichgewicht herstellen wollte zwischen dem Interesse der Gesellschaft und den Rechten des Einzelnen.

Ich persönlich halte die Differenzierung des italienischen Gesetzgebers nach Gefangenen und Gefangenen, die sich bei ihren Verbrechen durch besondere Unmenschlichkeit und Gefährlichkeit ausgezeichnet haben, für weise. Die von Straßburg kritisierte Gesetzgebung betrifft Mafia-Verbrechen, Terrorismus und Pädophilie. Dies befriedigt mein Bedürfnis nach Gerechtigkeit.

Der `ndrangheta-Boss, der in Straßburg geklagt hat, ist wegen mehrerer Morde und anderer Vergehen zu vier Mal lebenslänglich verurteilt worden. Einem Opfer den Kopf abzuschlagen und ihn dann auf der Piazza zum Abschuss für alle freizugeben, halte ich für eine beispiellose Grausamkeit, für Unmenschlichkeit. Der Boss Viola verdient für mich damit keine zweite Chance.

Dass es für das Gericht keine Rolle zu spielen scheint, dass Viola von den zuständigen Richtern in Italien immer noch für den Boss seines Clans gehalten wird – was einhergeht mit der Aussicht, dass neue Opfer für seine „nicht entwürdigende“ Behandlung bezahlen müssen, empört mich ebenso wie die Tatsache, dass der besonderen Grausamkeit, die Tausende von Mafia-Opfern, darunter Richter, Polizisten, Politiker, Journalisten usw. usw., in Italien erfahren haben, nicht im mindesten Rechnung getragen wird. Ich verstehe vollkommen die Verbitterung zahlloser Angehörigen von Mafia-Opfern. Das Urteil bedeutet für mich, dass nach Meinung der Straßburger Richter die Interessen eines einzelnen Bosses (Hunderte werden seinem Beispiel folgen) wichtiger sind, als die von Opfern und ihrer Angehörigen. Auch die Interessen der Gesellschaft, dass nämlich die Mafiosi daran gehindert werden, weitere Verbrechen und weitere Morde zu begehen, sollen nach diesem Urteil den Interessen eines einzelnen untergeordnet werden. Das scheint jetzt europäisches Recht zu sein, aber Gerechtigkeit ist das nicht! Das Gericht hätte besser die Mitgliedsstaaten aufgefordert, sich an der beispielhaften und effizienten italienischen Antimafia-Gesetzgebung ein Beispiel zu nehmen und endlich den Kampf gegen die OK wirklich aufzunehmen!..rsw.beck.de

Sie haben Falcone und Borsellino ein zweites Mal umgebracht. Die Straßburger Richter legen Italien nahe, den zu lebenslänglicher Haft verurteilten Gefangenen Vergünstigungen zu gewähren. – Gratteri: Der Staatsanwalt von Catanzaro, der zur `ndrangheta ermittelt: „Damit sind 150 Jahre Antimafia zunichte gemacht, die Bosse jubeln“

Nino Di Matteo – der bestbewachte Antimafia-Staatsanwalt Italiens

Bongiovanni Di Matteo

Seitdem Totò Riina, Boss der Bosse, aus dem Gefängnis heraus die Ermordung des Antimafia-Staatsanwalts Nino Di Matteo angeordnet hat (2013) – eine Drohung, die durch Angaben eines glaubwürdigen Polizeispitzels bestätigt und um das Detail ergänzt wurde, dass der für das Attentat vorgesehene Sprengstoff schon in Palermo lagere, ist der Schutz des Staatsanwalts aus Palermo auf die höchste Stufe angehoben worden:

Di Matteo bewegt sich ständig mit einem Konvoi von drei gepanzerten Fahrzeugen, in denen die neun Carabinieri Platz finden, die für seinen Schutz zuständig sind. Seine Wohnung ist rund um die Uhr bewacht, andere Carabinieri sind dafür abgeordnet, die Sicherheit der Straßen und Plätze zu prüfen, die der Konvoi nehmen wird. Außerdem hat ihm der frühere Innenminister Alfano nach massivem Druck aus der Bevölkerung einen Bomb jammer (Störsender, der im direkten Umkreis des Geräts eventuelle Funksignale unterbricht) genehmigt.

Nun könnte man meinen, der Status als bestbewachter Staatsanwalt bringe eine besondere Wertschätzung von Seiten des italienischen Staates und der Kollegen zum Ausdruck, doch dieser Eindruck täuscht.

Giorgio Bongiovanni, Herausgeber der Zeitung Antimafiaduemila, hielt anlässlich des 27. Jahrestages des Attentats auf den Antimafia-Richter Paolo Borsellino in Via D’Amelio eine flammende Verteidigungsrede für den Staatsanwalt, in der er dessen Tätigkeit in den letzten Jahren schildert und beschreibt, wie sich manche Vertreter von Politik, Medien, Institutionen und manche Kollegen ihm gegenüber verhalten haben. Die Rede dauert 59 Minuten und kann immer noch über diesen link verfolgt werden.

Seit Gründung der Zeitung Antimafiaduemila im Jahre 2000 verfolge er, Bongiovanni, genauestens, was in Politik und bei der Bekämpfung der Mafia vor sich gehe. Und während er anfangs die Justiz fast für eine Priesterschaft im Dienste der Wahrheitsfindung gehalten habe, müsse er inzwischen sagen, dass es unter den Richtern, in der Justiz allgemein, solche und solche gebe. Seit 20 Jahren habe er auf den Kongressen, die Antimafiaduemila jedes Jahr veranstaltet, jeweils den Moderator gegeben, jetzt aber sei es das erste Mal, dass er selber das Wort ergreife, das erste Mal, dass man ihm zuhören müsse. Und mit ihm warteten fast 100 000 Unterzeichner eines Appells zur Verteidigung von Nino Di Matteo auf Antworten des italienischen Staates.

Er vergleicht Nino Di Matteo mit dem 1992 von Cosa Nostra ermordeten Antimafiarichter Giovanni Falcone, weil es auffällige Parallelen gebe: Beide wurden lächerlich gemacht, geradezu verfolgt, bei Bewerbungen abgewiesen, und man versuchte ständig ihnen die Legitimität abzusprechen. Eine Presse, die einer gewissen politischen Richtung hörig ist, hat ihn als Scheriff, als Primadonna beschimpft, ihm vorgeworfen, er bereise ganz Italien, um von möglichst vielen italienischen Städten zum Ehrenbürger ernannt zu werden.

Nino Di Matteo hat Drohungen und Einschüchterungsversuche erlebt:

(Anm. Verf.: Die Angriffe auf Di Matteo sind im Zusammenhang mit dem 2012 eröffneten Prozess zur trattativa Stato mafia zu sehen: In diesem Prozess, der im Sommer 2018 mit der Verurteilung aller Angeklagten bis auf einen endete, war Di Matteo Hauptvertreter der Anklage. Als historisch kann der Prozess deshalb gelten, weil hier die Justiz eines Landes sozusagen gegen sich selbst ermittelt hat: Auf der Anklagebank saßen neben den bekannten Mafiabossen Riina, Bagarella, Brusca, Cinà zwei ehemalige Minister, hohe Ränge einer Sondereinheit der Carabinieri und die „rechte Hand von Berlusconi“, Marcello Dell’Utri. Die Anklage lautet „Erpressung eines staatlichen Gremiums“: Cosa Nostra hat kurz vor den Attentaten auf die beiden Antimafiarichter Falcone und Borsellino Verhandlungen mit Vertretern des italienischen Staates aufgenommen: Die Strategie der blutigen Attentate werde erst beendet, wenn der italienische Staat vor allem die strengen Antimafia-Gesetze rückgängig mache und weitere Forderungen der Mafia erfülle.)

2012-2013: Im Gericht und in der Privatwohnung des Staatsanwalts treffen verschiedene anonyme Briefe ein. Darunter das sog. Protocollo fantasma, ein anonymes Schreiben von 12 Seiten mit dem offiziellen Briefkopf „Ministerium der Republik Italien“. Es enthält Warnungen und Drohungen. Und 2013 liest man in einem Brief: „Die Freunde von Matteo Messina Denaro in Rom (Messina Denaro hat in der Cosa Nostra Führungsfunktion und ist seit 1993 untergetaucht) haben entschieden, dass es reicht: Italien in der Hand von Schwulen (gemeint ist der Regionspräsident von Apulien Nichi Vendola) und Komikern (der Gründer der Fünfsternebewegung Beppe Grillo)! Unterzeichnet ist der Brief mit „ein Mafioso aus Alcamo“.

Es gibt auch Drohungen anderer Art im Umfeld des Prozesses: 2013 erfolgt ein Einbruch in die Wohnung von Roberto Tartaglia, ebenfalls Anklagevertreter im Prozess zur trattativa. Aus seinem Arbeitszimmer werden Ermittlungsakten gestohlen. Kurz darauf erhält der Staatsanwalt Giuseppe Lombardo, der die Anklage in einem Prozess mit ähnlicher Thematik in Reggio Calabria vertritt, einen Brief mit Sprengstoff und der Ankündigung, man werde ihn mit 200 kg Sprengstoff in die Luft jagen.

Ebenfalls 2013 wird Totò Riina im Gefängnis bei seinen täglichen Spaziergängen mit einem Mafioso aus Apulien abgehört: „Wir müssen uns Di Matteo vom Hals schaffen. …. Und zwar sofort!“ Und in Palermo kommt ein Brief mit dem Poststempel Castelvetrano an (von dort stammt Matteo Messina Denaro). „Die Brüder in Palermo“ sollten hören, was ihnen ihr Boss zu sagen habe: Nino Di Matteo „hat sich zu weit vorgewagt. Er muss beseitigt werden!“

Ein weiterer höchst beunruhigender Vorfall: Einbruch ins Büro des leitenden Staatsanwalts von Palermo, Roberto Scarpinato. Auf seinem Schreibtisch liegt ein Drohbrief: „Passen Sie bloß auf, Dr. Scarpinato! Wir finden Sie überall! Sie übertreiben bei Ihrer Arbeit und in Ihrer Rolle im Amt! Lassen Sie endlich den Dingen ihren Lauf. Unsere Geduld hat bald ein Ende!“ Hier überlegt Bongiovanni: Die Procura von Palermo ist das am besten bewachte Gericht Italiens, und Scarpinato hat dort die Leitung. Ist es vorstellbar, dass ein normaler Mafioso ins Allerheiligste der Hochsicherheits-Procura vordringen kann? Seiner Meinung nach sind es „staatliche Gespenster“, die sich dort Zutritt verschafft haben. Und der Grund: Scarpinato vertritt zu der Zeit die Anklage in einem Prozess in Caltanissetta, den man als Ableger des Prozesses in Palermo bezeichnen könnte.

Aber das ist nicht alles: 20 Tage später kommt Scarpinato in sein Büro und findet dort noch einmal ein Schreiben vor. Dieses Mal ist es nur ein Zettel mit einem Wort im sizilianischen Dialekt: „Accura!“ (Pass bloß auf).

Auch Kronzeugen sagen aus: Da ist als erster Vito Galatolo, der für eine der gefährlichsten Mafia-Familien von Palermo arbeitet, für die Familie Madonia. Er sagt aus, er sei es, der den Auftrag für das Attentat auf Di Matteo erhalten habe. Cosa Nostra habe 600 000 € gesammelt, um den nötigen Sprengstoff von den calabresi, also in Kalabrien von der `ndrangheta, kaufen zu können. Di Matteo und der `ndrangheta-Staatsanwalt Giuseppe Lombardo sind sich einig: Hinter dem geplanten Attentat steckt ein ganzes kriminelles System, zu dem auch Freimaurer, Politiker und Vertreter der Institutionen gehören. Dasselbe kriminelle System, das die Ermordung Paolo Borsellinos und seiner Eskorte zu verantworten hat. Die Staatsanwälte wollen deshalb einen anderen Kronzeugen befragen, der als erster das kriminelle System der `ndrangheta beschrieben hat: Leonardo Messina. Er hat seine Strafe abgesessen und ist seit 2016 frei. Doch er ist seit Monaten nicht mehr auffindbar. Das, so fragt sich Bongiovanni, ist doch kein Zufall?

Auch die schon längst verurteilten Mafiabosse der Attentate auf Falcone und Borsellino sagen über die Anschläge von 1992/93 aus. Brusca und Cancemi nennen schon 1998 Dell’Utri und Berlusconi als Auftraggeber von außerhalb der Mafia.

Im Zusammenhang mit den Ermittlungen für den Prozess zur trattativa befragen die Staatsanwälte auch den ehemaligen Staatspräsidenten (1992-99) Oscar Luigi Scalfaro. In der Urteilsbegründung von 2018 wird betont, dass Scalfaro nachweislich gelogen hat, genauso wie der Polizeichef Vincenzo Parisi (Beide sind verstorben, bevor man ihnen einen Prozess wegen Falschaussage machen konnte).

Auch der letzte Staatspräsident Giorgio Napolitano spielt eine doch sehr zweifelhafte Rolle: Er zieht alle ihm zu Verfügung stehenden Register, um den Prozess zu stoppen! Einer Befragung durch die Staatsanwälte (Er hatte in der Zeit der Mafia-Attentate das Amt des Parlamentspräsidenten inne) versucht er mehrmals zu entkommen. Als Vorsitzender des CSM (höchstes Gremium der italienischen Justiz) leitet er ein amtliches Verfahren gegen die gesamte Procura di Palermo und einen der Staatsanwälte ein. So gelingt es ihm, Antonio Ingroia, der wesentlich an der Vorbereitung des Prozesses beteiligt war, aus dem Pool zu entfernen:

Dann ereignet sich ein kleines Wunder: 2015 beobachten zwei kleine Jungs auf dem Gelände eines Tennisplatzes in Palermo zwei bewaffnete Männer, die sie dort noch nie gesehen haben und melden es sofort weiter. Dies geschieht unmittelbar, bevor Di Matteo den bomb jammer erhält. Offenbar wollte man das Attentat vorher noch durchziehen. Kurz darauf meldet sich der Kronzeuge Galatolo, der den Auftrag für das Attentat bekommen hat, er müsse Di Matteo dringend sprechen: Der mit Sprengstoff gefüllte Wagen stehe bereit, aber jetzt habe Matteo Messina Denaro Palermo informiert, dass die Vorbereitungen abgeblasen seien. Für das geplante Attentat sei eine Autobombe nicht geeignet, man brauche dafür spezielle Waffen. Er habe einen Experten an der Hand, der nicht zur Cosa Nostra gehöre und der sich mit solchen Waffen auskenne und das Attentat bewerkstelligen werde. Und übrigens: Außer Di Matteo seien noch weitere 23 Personen dran.

Dann wird zufällig ein normaler Mafioso aus Palermo abgehört, der sich am Telefon mit seiner Frau heftig streitet: „Was machst du denn da für einen Mist? Ich habe dir schon mehrfach gesagt, du darfst das Kind nicht mehr auf den Tennisplatz X bringen. Das ist der Tennisplatz, auf dem auch Di Matteo spielt, den sie jetzt umbringen müssen.“

Bongiovanni zieht hier eine Zwischenbilanz: Die Serie von Morddrohungenm zeigt, dass die Strategie der blutigen Attentate der Cosa Nostra und des italienischen Staates nicht beendet ist, sie befindet sich lediglich im stand by!

Und was hat sich in den letzten Jahren ereignet? Nino Di Matteo, ein Spitzenmann im Bereich von Mafia-Ermittlungen, bekommt in Palermo nun Feld-Wald-und-Wiesen-Ermittlungen aufgetragen, Einbrüche, Diebstähle, Streitigkeiten unter Nachbarn usw. Weshalb?

2018 soll Di Matteo Mitglied im neu gegründeten Pool zur Ermittlung der externen Auftraggeber der Attentate von 1992-94 werden. Offenbar sind aber nicht alle Kollegen einverstanden: Gegen Luca Palamara, den ehemaligen Präsidenten eines Gremiums der italienischen Justiz (ANM) wird ermittelt wegen Korruption – ein riesiger Skandal. Also wird er abgehört, und das auch bei einem Gespräch, in dem er zu einem Kollegen sagt, er müsse unbedingt verhindern, dass Di Matteo zu diesem Pool gehöre. Und was passiert? In einer Mail schreibt Cafiero De Raho, der Nationale Antimafia-Staatsanwalt, an Di Matteo, er könne nach dem Fernsehinterview auf La7 nicht mehr in den Pool aufgenommen werden, weil er Geheimnisverrat betrieben habe. Er habe damit das Vertrauensverhältnis unter Kollegen zerstört, das Voraussetzung sei für die Arbeit im Pool. In Wahrheit aber (unddas kann man in einer Video-Registration überprüfen) hat er dort nur Fakten genannt, die jederzeit auch im Internet gegoogelt werden können.

2018 erhält Italien eine neue Regierung aus der Fünfsterne-Bewegung und der Lega. Es werden die Ministerposten verteilt, man schlägt Di Matteo als Innenminister vor – man diskutiert und berät, und statt Di Matteo macht man schließlich Matteo Salvini von der Lega zum Innenminister – was für eine Alternative zu Di Matteo! Die Fünfsterne wollen aber doch an dem Spitzenbeamten Di Matteo festhalten und so hat der neue Justizminister die Idee, Di Matteo zum Chef des DAP (der Gefängnisverwaltung) zu machen.

Was er jetzt berichte, könne man für die Phantasien eines Filmregisseurs halten, warnt Bongiovanni, es handle sich aber um Tatsachen: Der Chefposten der Gefängnispolizei ist ein strategisch enorm wichtiges Amt. Man ist dort im engen Kontakt mit den Mafiabossen, hört, was in den Gefängnissen kolportiert wird, die Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften ist zu koordinieren – also ein sehr wichtiger Posten. Nach Bekanntwerden dieses Plans trifft beim Justizminister Bonafede ein Informationsschreiben der Gefängnisverwaltung ein: Die Mafiabosse seien in heller Aufregung und wollten unbedingt Di Matteo als Chef des DAP verhindern, sie wollten streiken, um ihre Forderung durchzusetzen. Und der Minister? Er verspricht, dass man Di Matteo einen anderen Posten geben werde!

Hier wendet sich Bongiovanni direkt an den Innenminister: „Minister Bonafede. Warum???? Warum haben Sie das getan? Das müssen Sie uns erklären!“

Und Di Matteos Kollege Giuseppe Ayala? (Einst im Antimafia-Pool von Palermo. Er war während des Attentats von Via D’Amelio vor Ort, hat aus dem zerstörten Auto von Paolo Borsellino dessen Aktenmappe mit dessen rotem Notizbuch genommen und vom Tatort entfernt).

Fünf Mal erklärt Ayala, er könne sich nicht erinnern, wem er Borsellinos Aktenmappe gegeben habe, was daraus geworden sei. Und als er vor kurzem wieder danach gefragt wird, bekommt er einen Wutanfall und weigert sich zu antworten: „Wenn ich einst gestorben bin, soll Gott mich richten!“

Abschließend appelliert Bongiovanni an die Staatsanwaltschaften von Caltanissetta, Florenz und an die Nationale Staatsanwaltschaft, er hoffe, sie hätten sich im Streit, ob Di Matteo Geheimnisverrat betrieben habe, zu seiner Verteidigung eingesetzt! Er fürchte aber, dass das nicht geschehen sei.

Einen weiteren Appell richtet er wieder an die Staatsanwaltschaft Caltanissetta und ihren Leiter Amedeo Bertone, die die Ermittlungen wegen des geplanten Attentats auf Di Matteo geführt haben. Sie haben nun die Ermittlungen eingestellt, obwohl sie in der Begründung zugeben zu wissen, dass die Mordpläne gegen Di Matteo weiter verfolgt werden und nicht etwa erledigt sind. Und was macht man in Caltanissetta? Man archiviert das Verfahren, man tut nichts! Und er schließt: „Diese Staatsanwaltschaft ist schuldig, schuldig, schuldig!“

Corruption Only the Shadow Knows

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